Was Menschen zu kollektiven Handen motiviert

Header KlimaKompakt

Was Menschen zu kollektiven Handen motiviert

Was bringt viele Menschen dazu, sich trotz möglicher Nachteile und teilweise unter hohem Zeitaufwand für eine Sache zu engagieren – etwa Schüler*innen, die unter teils hohem Zeitaufwand an Protesten teilnehmen und sich jetzt zunehmend digital organisieren? Was motiviert Menschen dazu, langfristig bei ihrem Engagement zu bleiben?

Germanwatch zitiert hier Auszüge aus einem im „Inquisitive Mind-Magazin“ erschienenen Text, in dem die Psychologinnen Dr. Helen Landmann und Prof. Anette Rohmann einen Einblick in die Forschung zur Erklärung kollektiven Handelns geben.

„[…] Wann handeln Menschen kollektiv? […] Der Begriff kollektives Handeln bezeichnet Handlungen, die koordiniert ausgeführt werden, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. […] In einer Meta-Analyse wurden die Ergebnisse von 182 Studien zusammengefasst, die zu kollektivem Handeln in unterschiedlichen Bereichen durchgeführt wurden (Van Zomeren, Postmes & Spears, 2008). In diesen Studien waren insbesondere Ungerechtigkeitswahrnehmungen, die Wahrnehmung kollektiver Wirksamkeit sowie Identifikationsprozesse für die Entscheidung, sich an kollektivem Handeln zu beteiligen, von Bedeutung. […]

Ungerechtigkeit
Im Umweltkontext kann zwischen globaler, ökologischer und intergenerationaler Ungerechtigkeit unterschieden werden (Reese & Jacob, 2015): Globale Ungerechtigkeit bezeichnet dabei ungerechtes Verhalten gegenüber Menschen anderer Nationen, ökologische Ungerechtigkeit bezieht sich auf ungerechtes Verhalten von Menschen gegenüber der Natur und intergenerationale Ungerechtigkeit beschreibt ungerechtes Verhalten gegenüber zukünftigen Generationen. Je mehr eine Person diese Ungerechtigkeiten wahrnimmt, desto stärker ist ihre Absicht, sich an Aktionen für den Umweltschutz wie Petitionen und Demonstrationen zu beteiligen. […]

Kollektive Wirksamkeit
Wie sehr sich Menschen gemeinschaftlich für eine Sache engagieren, hängt außerdem davon ab, wie sehr sie davon ausgehen, dass ihre Bemühungen etwas in der Welt ändern können. […] Je größer eine Person die kollektive Wirksamkeit ihrer Gruppe einschätzt, desto wahrscheinlicher beteiligt sie sich an kollektiven Handlungen (Van Zomeren et al., 2008). Dies gilt auch für kollektives Handeln im Umweltschutz. Je mehr eine Person der Überzeugung ist, dass durch kollektive Handlungen eine Verringerung des Klimawandels bewirkt werden kann, desto wahrscheinlicher ist es, dass diese Person […] beabsichtigt, sich häufiger an Demonstrationen für den Schutz der Umwelt zu beteiligen (Van Zomeren, Spears & Leach, 2010).

Identifikation
Für kollektive Handlungen spielt die Identifikation mit der Protestbewegung eine zentrale Rolle. Je mehr sich eine Person mit einer bestimmten Umweltbewegung identifiziert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich diese Person für die Bewegung engagiert (Bamberg et al., 2015; Landmann & Rohmann, 2020). […]

Emotionen
Zudem sind vorweggenommene Emotionen für kollektive Handlungen relevant. Antizipierte oder vorweggenommene Emotionen sind Erwartungen darüber, in Zukunft eine bestimmte Emotion zu empfinden (Loewenstein & Lerner, 2003). Diese Erwartung einer eigenen emotionalen Reaktion auf eine Entscheidung kann Handlungsabsichten beeinflussen. […] Sich gezielt Gedanken dazu zu machen, wie sich die Entscheidung für oder gegen das Engagement anfühlt, könnte demnach auch die Entscheidung für kollektives Handeln im Umweltschutz beeinflussen.
Nicht nur die erstmalige Entscheidung für das Engagement, sondern auch die Entscheidung dabei zu bleiben, wird durch diese Prozesse beeinflusst. […] Ebenso führt vermutlich Stolz über die Beteiligung an Umweltaktivismus dazu, dass Menschen sich dauerhaft engagieren.“

Quelle: Landmann, H., & Rohmann, A. (2020). „Wir sind hier, wir sind laut, […]“ – Warum engagieren sich Menschen gemeinsam für den Umweltschutz? Inquisitive Mind, 2. Online  hier abrufbar