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Herausforderung: Wirbelstürme, Überschwemmungen

Lösungsansatz: Ein nationaler Mechanismus zum Umgang mit klimawandelbedingten Schäden und Verlusten

„Es wäre besser für mich gewesen, in diesem Wirbelsturm zu sterben“, sagte er leise. Das ist nicht die Antwort, die man erwartet oder gar erhofft, wenn man in der Entwicklungszusammenarbeit tätig ist. Bangladesch hat in den letzten Jahrzehnten unglaubliche Fortschritte dabei gemacht, die Zahl der Todesopfer bei Wirbelstürmen zu verringern. Warum in aller Welt sollte jemand sagen, dass er lieber gestorben wäre?

Ich traf Abdul Somed Molla im Jahr 2014 auf einer kleinen Küsteninsel namens Mazer Char während eines Außeneinsatzes. Er saß am Flussufer direkt vor seinem Haus. Zu diesem Zeitpunkt gab es eine Zyklonwarnung und der Himmel war leicht bewölkt. Molla wirkte müde, als er auf den Fluss zeigte und mir erzählte, dass er bereits zwei Häuser durch Ufererosion verloren habe und sein jetziges Haus direkt am Flussufer liege. Er war auch besorgt über die aktuelle Warnung: Sie erinnerte ihn daran, dass ein Wirbelsturm sein Leben zerstört hatte.

Bevor der Zyklon Sidr im Jahr 2007 zuschlug, war Molla, relativ gesehen, ein reicher Mann. Er besaß ein kleines Stück Land und 13 Kühe, die ihm täglich etwa 100 Liter Milch zum Verkauf lieferten. Molla überlebte zwar den Wirbelsturm, seine Kühe jedoch nicht. Er erklärte: „Ich habe meine Kühe bis auf eine verloren. Ich habe hier und da ihre Leichen gefunden, einige von ihnen wurden weggeschwemmt. Ich fühlte mich so hilflos, dass ich an nichts mehr denken konnte. Was soll ich also jetzt verkaufen? Was soll ich pflügen, nachdem mein Land erodiert ist?“

Bangladesh Überflutung

Eine überschwemmte Straße in Satkhira im Süden von Bangladesch. Immer wieder haben die Menschen in den Küstenregionen mit Überflutungen zu kämpfen, insbesondere nach Wirbelstürmen.

© DFID / Rafiqur Rahman

Während wir in globalen Verhandlungen und auf Konferenzen über Schäden und Verluste sprechen, sind es Menschen wie Molla, die damit unmittelbar konfrontiert sind. Dabei geht es nicht nur um ihre wirtschaftlichen Verluste und Schäden, sondern auch um den Verlust ihrer Identität, ihres sozialen Status – und um das Trauma, das sie erleiden.

Bangladesch versucht derzeit, einen nationalen Mechanismus für Schäden und Verluste zu entwickeln. Die Diskussion versandete im ersten Versuch in den Mühlen der Bürokratie. Nun hat das Land den Vorsitz des Climate Vulnerable Forum (CVF) übernommen (dabei handelt es sich um eine Gruppe von 48 besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern). Anschließend hat Premierministerin Shaikh Hasina das Thema Schäden und Verluste zu einem der ständigen Tagesordnungspunkte bei allen Sitzungen erklärt. Sie hat die Diskussion über den Mechanismus für Schäden und Verluste wiederaufgenommen und einen konkreten Arbeitsplan entwickelt, um zu klären, wie er ausgestaltet sein sollte.

Der Mechanismus soll Menschen wie Abdul Somed Molla dabei helfen, das Risiko für Extremwetterereignisse besser einschätzen und reduzieren zu können. (Finanzielle) Unterstützung soll zudem den Umgang mit konkreten Schäden nach Extremwetterereignisse erleichtern, damit die Betroffenen wenn möglich ihre Häuser, evtl. an einem anderem Ort, wiederaufbauen, ihre Arbeit wiederaufnehmen und mit Zuversicht in die Zukunft blicken können.

Istiakh Ahmed, International Centre for Climate Change and Development