KlimaKompakt Spezial

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Die Staats- und Regierungschefs sind im Klimaschutz gefordert

Wenig Fortschritt bei UN-Klimaverhandlungen in Bonn

Die UN-Klimaverhandlungen in Bonn (7.-18.5.) brachten Fortschritte im Kleinen, traten jedoch bei den wirklich wichtigen Fragen auf der Stelle. "Diese Runde der UN-Klimaverhandlungen hat es in keiner Weise geschafft, die sich immer weiter öffnende Kluft zwischen Handlungsnotwendigkeit und Handlungstempo zu verkleinern", kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

"Es bedarf jetzt zweierlei: Zum einen muss auf Regierungschefebene der Verhandlungsspielraum für die wichtigsten Staaten erweitert werden. Der G8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm sowie die UN-Generalversammlung am 24. September bieten dazu zwei notwendige Plattformen. Wenn die Regierungschefs nicht das Verhandlungsmandat für ihre Delegationen erweitern, dann wird auch der Klimagipfel in Bali zum Schneckenrennen."  Wichtig sei, so Bals, dass man sich nicht auf der Arbeitsebene in den zentralen Punkten auf nichtssagende Kompromisse einlasse. "Es ist ermutigend zu sehen, dass die Kanzlerin bereit zu sein scheint, nach dem EU-Gipfel im März jetzt zum zweiten Mal auf höchster Ebene um überfällige Fortschritte zu ringen. Wenn überhaupt, kann nur sie auf Chefebene die notwendigen Ergebnisse erreichen." Zentrale Punkte für die G8-Klimaagenda sind:

  • Erklären sich die G8-Staaten gemeinsam mit den fünf großen Schwellenländern bereit, die internationalen Klimaschutzbemühungen an der Großgefährdungsschwelle von 2 Grad Erwärmung auszurichten? Dies bedeutet eine Halbierung der globalen Emissionen gegenüber 1990 bis 2050. In spätestens 10 bis 15 Jahren müssen die globalen Emissionen sinken, statt wie bisher schnell zu steigen.
  • Einigt man sich darauf, dass die UN-Klimaverhandlungen das entscheidende Gremium für die weiteren Verhandlungen sind und dass die Verhandlungen bis 2009 abgeschlossen werden? Ohne UN-Verhandlungen droht eine Serie von bilateralen Abkommen, die zwar die Aufschrift "Klimaschutz" tragen, die aber weder ernsthafte Reduktionsziele noch Zeitpläne beinhalten. Ohne ein Zieldatum von 2009 droht eine Lücke nach der ersten Phase des Kyoto-Protokolls, die 2012 endet.
  • Einigt man sich darauf, die Weiterentwicklung der Kohlenstoffmärkte (Emissionshandel) voranzutreiben und ein deutliches CO2-Preissignal auszusenden? Ohne die Anreizwirkung dieses Preissignals drohen alle gutgemeinten Absichtserklärungen leere Worte zu bleiben.
  • Einigt man sich darauf, die Energieeffizienz in den G8-Staaten um 20 Prozent gegenüber dem Business-as-usual-Pfad zu erhöhen? Da dies ein Beitrag sowohl zu ernsthaftem Klimaschutz als auch zur Energieversorgungssicherheit sein kann, ist zu hoffen, dass auch der US-Präsident dazu bereit ist.
Zum anderen geht es - so Bals - nun darum, für verschiedene Themen Vorreiterallianzen zu bilden.
  • So könne die EU mit den Least Developed Countries und den besonders verletzlichen Staaten gemeinsam Druck entwickeln: in Richtung ernsthafter Klimaschutzziele und der Bereitschaft, die Anpassungsmaßnahmen weit substanzieller als bisher zu unterstützen.
  • Mit Brasilien, Papua-Neuguinea, Indonesien und einigen afrikanischen Staaten gilt es, auf eine Allianz für einen vernünftigen Anreizrahmen gegen die Entwaldung zu setzen. Dem kommt zugute, dass Indonesien als Gastgeber des nächsten Klimagipfels an einem Erfolg besonders interessiert ist.
  • Eine zentrale Rolle für den Erfolg der Verhandlungen wird China spielen. Erfreulicherweise tut sich in der nationalen Klimaschutzpolitik des Landes derzeit sehr viel. Es wird um Lösungen gehen, die die eigenen Anstrengungen untermauern und unterstützen, ohne als Beschränkung für weiteres wirtschaftliches Wachstum wahrgenommen zu werden. Südafrika, Mexiko und Argentinien zeigen als Schwellenländer konstruktive Ansätze, sich zu eigenen Klimaschutzbeiträgen zu verpflichten.
Diese Allianzen gilt es in den kommenden Monaten durch eine intelligente Klimadiplomatie vorzubereiten.

Die Ergebnisse der Sitzung der Nebenorgane SBSTA-26 und SBI-26, der Ad-Hoc-Arbeitsgruppe zu Verpflichtungen von Industrieländern (AWG-3) und dem dritten 'Dialog über langfristige gemeinsame Maßnahmen gegen den Klimawandel' vom 7.-18. Mai in Bonn waren insgesamt dürftig. Es bleibt zu hoffen, dass die vielen bilateralen Gespräche hinter den Kulissen mehr erbrachten als die offiziellen Verhandlungen und Gespräche. Zwar wurden die alarmierenden wissenschaftlichen Ergebnisse des Vierten Sachstandsberichts des IPCC immer wieder zitiert. Beschleunigt haben sie die Verhandlungsdynamik aber nicht wirklich.

"Lediglich in der Ad-Hoc-Arbeitsgruppe wurden in Präsentationen und der Zusammenfassung des Verhandlungsleiters einige Elemente festgehalten, die - wenn sie einmal Verhandlungsergebnis würden - das Fundament einer zukunftsweisenden Klimapolitik bilden könnten", kommentiert Germanwatch-Klimareferent Dr. Manfred Treber und führt aus: "Beispielsweise die Zielvorgabe, dass die weltweiten Emissionen in 10 bis 15 Jahren ihren Höhepunkt erreicht haben sollten. Oder eine angestrebte Emissionsminderung von 25 bis 40 Prozent für Industrieländer für die Zeit nach 2012, wenn die gegenwärtigen Verpflichtungen der ersten Phase des Kyoto-Protokolls auslaufen. Aber bisher unterstützt außer der EU und Norwegen keiner der Industrie-Staaten eine solche ernsthafte Rahmensetzung." Bei anderen substantiellen Themen, wie etwa zum immer stärker auf die Agenda kommenden Thema 'vermiedene Emissionen aus Entwaldung in Entwicklungsländern', konnten Texte mangels Konsens nicht verabschiedet, sondern lediglich nach Bali zur weiteren Verhandlung weitergereicht werden.

Zum Thema siehe auch:

Redaktion:
Germanwatch e.V.
Christoph Bals, Manfred Treber, Gerold Kier, Anika Busch