KlimaKompakt Spezial

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Klima: Die Wissenschaft hat gesprochen - Handeln muss die Politik

Ein Kurzkommentar zu IPCC, G8, zur New Yorker "Klimakonferenz" der CSD und den UN-Klimaverhandlungen

Das Gremium mit der wissenschaftlich höchsten Seriosität und Autorität, der Weltklimarat IPCC, hat nun auch den dritten Teil seines Vierten Sachstandsberichtes vorgelegt. Der erste und zweite Teil hatten bereits deutlich gemacht: Wir müssen davon ausgehen, dass der Klimawandel schneller und mit heftigeren Konsequenzen kommt als bisher erwartet.

Der dritte wartet nun mit einer positiven Grundnachricht auf: Bei geeigneter politischer Rahmensetzung wird es deutlich kostengünstiger als bisher gedacht, weltweit ernsthaften Klimaschutz zu betreiben. An dieser Stelle möchten auf eine knappe Zusammenfassung - erstellt vom Bundesumweltministerium, Bundesforschungsministerium und der deutschen IPCC-Kontaktstelle - hinweisen (siehe unten).

Wird der gewachsene Druck von Wissenschaft und Öffentlichkeit auch zu einem Quantensprung des politischen Willens führen?

Die Notwendigkeit und Möglichkeit zum Handeln ist durch die IPCC-Berichte untermauert. Doch ist dazu genügend politischer Wille da?

Die EU hat im März den Beschluss gefasst, die eigenen Emissionen im Rahmen eines internationalen Abkommens um 30% bis 2020 gegenüber 1990 zu reduzieren. Unabhängig von den internationalen Verhandlungen will die EU aber ohne Vorbedingung ihre Emissionen um 20 Prozent verringern. Die 20 Prozent wären angesichts der Dringlichkeit zum Handeln nicht ausreichend, aber für den internationalen Prozess sind sie ein wichtiges Signal: Wir reden nicht nur, wir handeln. Zurecht hat der frühere Außenminister Genscher kommentiert, dass sich die EU mit diesem Beschluss als Global Player zurückgemeldet hat. Zentral ist jetzt allerdings, dass eine zügige Umsetzung der notwendigen Rahmensetzungen für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien erfolgt.

In den USA zeigt sich, dass politischer Wille eine erneuerbare Ressource ist. In der Bevölkerung, in vielen US-Staaten, bei immer mehr Akteuren des Finanzmarkts und der Wirtschaft sowie in beiden Kammern des Kongresses bahnt sich eine klimapolitische Wende an. Die US-Regierung zeigt sich davon noch weitgehend unbeeindruckt. Am vergangenen Sonntag wurde bekannt, dass die US-Delegation zwei zentrale Passagen aus dem Entwurf des zentralen G8-Dokumentes für den Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni entfernen will. Zum einen will sie das zentrale Ziel nicht mittragen, dass der Klimawandel unter der Großgefahrenschwelle von 2 Grad Celsius globalem Temperaturanstieg gegenüber vorindustrieller Zeit gehalten und die Emissionen weltweit bis 2050 um 50 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden sollen. Zum anderen will sie nicht mit unterzeichnen, dass der UN-Klimaprozess das angemessene Gremium ist, um die globalen Klimaschutzaktivitäten zu verhandeln. Es würde einer Kapitulation der Staatengemeinschaft vor dem Klimawandel gleichkommen, wenn das Problem ohne verbindliche Ziele, ohne legitimierten Prozess und allein auf freiwillige Technologieabkommen zwischen Staaten gestützt angegangen würde.

Erfolg des G8-Gipfels muss auf Chef-Ebene gesichert werden - Klima-Kriterien für Erfolg oder Scheitern des G8-Gipfels

Zentral für den weiteren G8-Prozess ist nun, dass nicht versucht wird, auf Arbeitsebene den Konflikt durch nichtssagende Floskeln zuzukleistern. Die deutsche Kanzlerin und G8-Präsidentin Merkel muss auf dem G8-Gipfel den US-Präsidenten und andere potenzielle Bremser vor die Alternative stellen: Entweder es kommt zu einem ernsthaften Schritt zu mehr Klimaschutz oder aber zu einem offenen Eklat. An drei Zielen werden sich, was die Klimapolitik angeht, Erfolg oder Scheitern des G8-Gipfels festmachen lassen:

* Wird das notwendige Signal zur Dringlichkeit des Problems von der G8 gemeinsam mit den fünf großen Schwellenländern gegeben: Zwei-Grad-Limit; Halbierung der globalen Emissionen bis 2050 gegenüber 1990?

* Wird das notwendige Signal für den UN-Klimagipfel in Bali (Dezember 2007) gegeben: ein Verhandlungsstart im Dezember, der bis 2009 zu einem weltweiten Klima-Abkommen für die Zeit nach 2012 führt?

* Einigt man sich auf ernsthafte Ziele sowie Handlungs- und Zeitpläne für den Bereich Energieeffizienz (20prozentige Steigerung bis 2020 gegenüber "business as usual"), die der Klima- und Energiesicherheit dienen?

Es wäre verfehlt in Bezug auf diese Ziele nur gebannt auf die US-Regierung zu schauen. Auch Russland, Kanada und Japan gilt es zu überzeugen. Daher könnte auch der EU-Russland-Gipfel diese Woche durch eine entsprechende Einigung den Weg für die Vereinbarung dieser zentralen Ziele in Heiligendamm ebnen.
 
Eklat bei CSD in New York ein Signal gegen Stillstand und Heuchelei

Beim 15jährigen Jubiläum eines anderen UN-Gremiums, der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD), hat die EU Ende letzter Woche, angeführt vom deutschen Umweltminister Gabriel und dem EU-Umweltkommisar Dimas, einen - leider notwendigen - Eklat in Kauf genommen. Die Zeit ist vorbei, wo die Regierungen dieser Welt das Nichthandeln hinter nichtssagenden Dokumenten, die eher einen Rück- als einen Fortschritt bedeuten, verstecken können. Natürlich ist es schade, dass es nicht gelang, ein wegweisendes Papier zu verabschieden. Die Europäer waren unter anderem mit der Initiative gescheitert, alle Länder zur Abgabe eines langfristigen Energieplanes bis 2010 zu verpflichten. Aber so ist immerhin ein Signal gegen Stillstand und Heuchelei dabei herausgekommen.

Die UN-Klimaverhandlungen in Bonn kommen nur im Schneckentempo voran

Seit letzter Woche tagen auch die UN-Klimaverhandlungen in Bonn. Bei den offiziellen Verhandlungen wird um einige wichtige Punkte gerungen, die für das Post-2012-Regime von großer Bedeutung sein könnten. So geht es etwa darum ein Verhandlungspaket zu schnüren, um bis 2009 ein Anreizsystem gegen die rasend voranschreitende Entwaldung gerade auch der Regenwälder zu vereinbaren. Ein anderer Punkt, der wichtigen Präzedenzcharakter haben kann, ist die Debatte über die institutionelle Anbindung des von einer CDM-Abgabe gespeisten Anpassungsfonds. Hier handelt es sich um einen Präzedenzfall, wer in welcher Weise darüber entscheidet, wie die Gelder einer internationalen Klimaabgabe genutzt werden. Entsprechend heftig wird darum gefochten: Soll die eng mit der Weltbank verknüpfte GEF (Global Environment Facility) die Institution sein? Soll eine andere Institution, zu der viele Entwicklungsländer mehr Vertrauen haben, die Mittel verwalten? Oder soll es die GEF sein, aber eine innovative "Machtteilung" bei der Governance-Struktur vereinbart werden?

Noch wichtiger aber als die offiziellen Verhandlungen sind die inoffiziellen und informellen Gespräche: Kann es gelingen, beim Klimagipfel in Bali den Verhandlungsprozess für das Post-2012-Abkommen zu starten, und zwar unter Beteiligung aller notwendigen Ländergruppen, mit dem notwendigen Zielhorizont und mit der klaren Verpflichtung, das Abkommen bis 2009 unter Dach und Fach zu haben? Dies scheint unabdingbar, wenn der Pfad für die notwendigen Investitionen zum Erreichen tiefgreifender Emissionsreduktionen nicht verbaut werden soll. Viel ist in Bewegung, aber alles ist offen.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer Germanwatch
 

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Redaktion:
Germanwatch e.V.
Christoph Bals, Sven Harmeling, Manfred Treber, Gerold Kier