Klimaänderung - ein Fall für Juristen

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Klimaänderung - ein Fall für Juristen

Für die Behandlung von Risiken bestehen in Deutschland und in den USA verschiedene Ausgangspunkte. Während dies bei uns oft das Vorsorgeprinzip ist, werden Risiken in den USA v.a. durch strenge Haftungsregelungen, die durch juristische Prozesse umgesetzt werden, für die Entscheidungen im Alltag relevant. Hinsichtlich Klimarisiken beginnen in den USA gerade die ersten juristischen Schritte.

Germanwatch bringt eine Meldung der Financial Times vom 14. Juli dazu gekürzt in eigener Übersetzung.

"Zuerst waren es Tabak und Asbest. Dann war die Lebensmittelbranche an der Reihe. Jetzt haben Kläger noch ein neues Ziel in Sicht: die Verantwortlichen für den Klimawandel.

Zwei Fälle sind bereits vor US Gerichten begonnen worden. Weitere sind laut dem neu gebildeten "Climate Justice Programme" in Vorbereitung. Dies ist eine gemeinschaftliche Unternehmung von Rechtsanwälten, Wissenschaftlern und mehr als 40 gesellschaftlichen Gruppen, die den Einsatz des Gesetzes unterstützt, um den Klimawandel zu bekämpfen.

Sie glaubt, dass internationale und nationale Gesetze - zu Menschenrechten, Produkthaftung, öffentlichem Ärgernis, Verschmutzung und Schädigung anderer Staaten - eine effektive Waffe sein werden, um Emissionsminderungen zu erzwingen und Verursacher für die Folgen ihrer Handlungen haftbar zu machen.

"Die potentielle Entschädigung für Auswirkungen des Klimawandels würde die Tabakauszahlungen wie Peanuts aussehen lassen," sagt Peter Roderick, ein Anwalt, der für das Climate Justice Programme arbeitet.

Es gibt keinen Mangel an potentiellen Klägern. Wenn Vorhersagen von steigenden Temperaturen, Überschwemmungen, Dürreperioden, Waldbränden, steigendem Meeresspiegel, Seuchen, tauendem Dauerfrost und Schäden an Ernte und Wasserversorgung sich als korrekt herausstellen, dürfte die globale Erwärmung das am meisten Schaden verursachende Umweltproblem der Geschichte sein. (...)

Als er kürzlich im Columbia Journal of Environmental Law schrieb, zog David Grossman, ein Yale-Absolvent, die Schlussfolgerung: "Einige schadensersatzrechtlich begründete Klagen zum Klimawandel haben starke juristische Vorzüge und können zum Erfolg führen."

Er denkt, dass Küstenstaaten, Inselstaaten und -nationen, der Bundesstaat Alaska und Dörfer Alaskas alle vielversprechende Kläger sein könnten. Potentielle Angeklagte könnten Fossilbrennstoffunternehmen, Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen und Autohersteller sein, deren Haftung dem Kohlenstoffgehalt ihres Produkts oder ihrem Marktanteil entsprechend bemessen werden könnte.

Die Schwierigkeiten, eine Verbindung zwischen globaler Erwärmung und spezifischen Umweltauswirkungen herzustellen, könnten mittels eines statistischen Ansatzes gelöst werden, schrieb Myles Allen, ein Physiker in Oxford, dieses Jahr in Nature. Mit fortschreitendem Verständnis des Klimawandels könnten Wissenschaftler in der Lage sein zu bestimmen, dass z.B. das Überschwemmungsrisiko in einer bestimmten Gegend um den Faktor 10 zugenommen hätte. Es könnte dann angemessen sein, 90 % des durch eine bestimmte Überschwemmung verursachten Schadens vergangenen Emissionen zuzuschreiben.

Im Moment ist es nach Ansicht von James Cameron von Baker & McKenzie, der internationalen Rechtsanwaltskanzlei, unwahrscheinlich für ein Unternehmen, nur aufgrund seiner Treibhausgasemissionen verklagt zu werden.

Er warnt jedoch davor, dass das Risiko stark erhöht werden könnte, wenn das Unternehmen als schuldhaft handelnd angesehen würde, z.B. indem es Lobbyarbeit gegen Treibhausgasregulierungen betreibe.

Unternehmen, die ihr Handeln zum Klimawandel verzögern, laufen auch Gefahr, von ihren Investoren verklagt zu werden. Sie könnten dafür angeklagt werden, als Folge von unangemessen verzögerten Emissionsreduzierungen höhere Kosten eingegangen, den Ruf eines Unternehmens beschädigt und investitionsrelevante Informationen nicht offengelegt zu haben.

"Folgen könnten Handlungen von Aktionären, die sich darauf berufen, dass Direktoren und Vorstandsvorsitzende solcher Firmen dafür haftbar sein sollten, potentiell drohende Regulierungen in Bezug auf den Klimawandel nicht adäquat behandelt zu haben", so die Swiss Re, ein Rückversicherer, der besorgt ist über die Folgen für Haftpflichtversicherungen von Direktoren und leitenden Angestellten.

Neben direktem juristischem Vorgehen gegen Unternehmen konzentrieren sich die Kläger auf Regulierungsbehörden. Im Februar erhoben die Staaten Connecticut, Maine und Massachusetts unter dem Clean Air Act Anklage gegen die US Umweltschutzbehörde wegen unterlassener Regulierung von Kohlendioxid, dem Haupttreibhausgas. (...)"

Quelle: Financial Times vom 14.7.03 (Online-Ausgabe)