Nota de prensa | 22/01/2021

Globaler Klima-Risiko-Index: 2019 geht als Jahr verheerender Wirbelstürme in die Geschichte ein

Mosambik, Simbabwe und die Bahamas nach katastrophalen Stürmen und Überflutungen an der Spitze des Index für 2019 / Puerto Rico, Myanmar und Haiti mit den größten wetterbedingten Verlusten im Langfrist-Index 2000 – 2019 / Deutschland gehört zu den 20 am stärksten von Wetterextremen betroffenen Ländern weltweit
Pressemitteilung

Bonn/Berlin (25. Januar 2021). Kurz vor Beginn des 24-stündigen internationalen Klimaanpassungs-Gipfels (Climate Adaptation Summit) präsentiert die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch heute ihren neuen Globalen Klima-Risiko-Index. Der Index zeigt, dass erneut besonders Menschen in Entwicklungsländern unter den Folgen von Wetterextremen zu leiden hatten, im Jahr 2019 insbesondere unter schweren Wirbelstürmen und darauffolgenden Überflutungen sowie Erdrutschen. Mosambik und Simbabwe stehen an der Spitze des Negativ-Rankings für 2019, schwer getroffen vom Zyklon Idai, dem bis dahin verheerendsten Wirbelsturm, der jemals im westlichen Indischen Ozean beobachtet wurde. Mosambik, Simbabwe und Malawi (Rang 5 im Index für 2019) hatten insgesamt mehr als 1100 Todesopfer zu beklagen und verzeichneten Gesamtschäden in Höhe von über 7 Milliarden US-Dollar (in Kaufkraft-Paritäten). Am vergangenen Wochenende ist die Region erneut von einem starken Wirbelsturm hart getroffen worden.

 Im Langfrist-Index, der die Folgen von Extremwetter der vergangenen 20 Jahre (2000 – 2019) in Bezug auf Todesopfer und wirtschaftliche Schäden betrachtet, sind Puerto Rico, Myanmar und Haiti am stärksten betroffen. „Der Klima-Risiko-Index zeigt, dass Menschen in den besonders armen Entwicklungsländern am verwundbarsten sind. Sie, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, benötigen nun dringend finanzielle und technische Unterstützung, um sich soweit wie möglich an deren Folgen anzupassen. Es ist erschreckend zu sehen, dass es den Industriestaaten nach aktuellen Studien offenbar nicht gelingt, ihre Zusage an die besonders verwundbaren Staaten einzulösen, 100 Milliarden US-Dollar jährlich für Klimaschutz und -anpassung bereitzustellen. Und nicht nur das: Zudem ist nur ein viel zu kleiner Teil der bisher aufgebrachten Summe für tatsächliche Anpassungsmaßnahmen vorgesehen”, kritisiert David Eckstein, einer der Autoren des Index von Germanwatch. „Der heute beginnende Climate Adaptation Summit muss in den Blick nehmen, wie sich diese Fehlentwicklung schnell beheben lässt.”

Auch Industrieländer selbst sind zunehmend von Wetterextremen betroffen. So gehörte Deutschland in den vergangenen 20 Jahren zu den 20 am massivsten betroffenen Ländern weltweit. Mit insgesamt mehr als 10.700 Todesopfern – vor allem infolge von Hitzewellen - sowie wirtschaftlichen Schäden von im Schnitt 4,27 Mrd. US-Dollar (3,54 Mrd. Euro) pro Jahr (in Kaufkraft-Paritäten gerechnet) liegt Deutschland im Langfrist-Index an 18. Stelle.

Fast 480.000 Menschen weltweit seit 2000 in über 11.000 Extremwetterereignissen gestorben
In den Jahren 2000 bis 2019 sind weltweit fast 480.000 Menschen durch mehr als 11.000 Extremwetterereignisse ums Leben gekommen. Die Sachschäden summierten sich in dieser Zeit auf 2,56 Billionen US-Dollar (in Kaufkraft-Paritäten) und sind damit im Vergleich zum vorherigen Langfrist-Index erneut gestiegen (s. Hinweis am Ende).

Schwere Stürme und ihre direkten Folgen wie Überflutungen und Erdrutsche waren die zerstörerischsten Wetterextreme 2019. Sechs der zehn am stärksten betroffenen Länder 2019 wurden von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht. Diese Entwicklung deckt sich mit dem Stand der Klimawissenschaft, die bei weiterer Erderhitzung mit einer noch stärkeren Zunahme schwerer Wirbelstürme rechnet.

Im Langfrist-Index gehören acht der zehn meistbetroffenen Staaten zur Gruppe der Länder mit niedrigen oder niedrigen mittleren Einkommen pro Kopf. „Eine Reihe von Ländern wie Haiti, die Philippinen oder Pakistan werden mittlerweile so oft von Wetterextremen heimgesucht, dass sie kaum noch in der Lage sind sich von den einzelnen Katastrophen zu erholen. Die internationalen Politikprozesse müssen in Bezug auf Resilienz also zwei Ziele verfolgen: Sie müssen einerseits bewirken, dass technische und finanzielle Unterstützung bereitgestellt wird, damit diese Länder sich besser an die Folgen der Klimakrise anpassen können. Sie müssen andererseits aber auch anerkennen, dass diese Anpassung nur noch teilweise möglich ist. Wer über Klimaanpassung redet sollte daher auch bereit sein, über die Bewältigung nicht vermeidbarer Schäden und Verluste zu sprechen und die Frage, wie die Hauptbetroffenen dabei unterstützt werden sollen”, fordert Vera Künzel, eine der Index-Autorinnen von Germanwatch.

Co-Autorin Laura Schäfer ergänzt: „Die Corona-Pandemie führt uns vor Augen, dass besonders verletzliche Länder von verschiedenen Risiken betroffen sind – von klimatischen, wirtschaftlichen und auch gesundheitlichen – und dass diese Risiken zusammenwirkend die Verwundbarkeit noch vergrößern. Es wird darauf ankommen, insgesamt die Krisenfestigkeit dieser Staaten zu verbessern – insbesondere auch die Klimaresilienz. Der Klimaanpassungsgipfel heute und morgen kann einen wichtigen Schritt in diese Richtung gehen.”

Zum Klima-Risiko-Index:
Germanwatch erstellt den Globalen Klima-Risiko-Index seit 2006 jährlich auf der Grundlage der NatCatSERVICE-Datenbank des Rückversicherers Munich Re sowie von sozioökonomischen Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der Index betrachtet die durch Extremwetter verursachten Todeszahlen und Sachschäden (um Vergleichbarkeit zu ermöglichen in Kaufkraftparitäten) - sowohl die absoluten Zahlen als auch in Relation zur Einwohnerzahl bzw. dem Bruttoinlandsprodukt. Wenngleich die Auswertungen über die steigenden Schäden und Todesopfer keine einfache Aussage darüber erlauben, welcher Anteil davon auf den Klimawandel zurückzuführen ist, so lässt sich doch ein Bild der Betroffenheit der Staaten zeichnen.

Hinweis: Wegen Problemen mit einem Daten-Provider können wir im neuen Index die Daten der USA leider nicht berücksichtigen. Dadurch erscheinen die Gesamtschäden von 2,56 Billionen US-Dollar geringer als im vorherigen Index. Rechnet man beim Vorjahres-Index die USA jedoch ebenfalls heraus, kommt man auf eine Gesamt-Schadenssumme von 2,51 Billionen US-Dollar in 20 Jahren (1999 – 2018) und damit auf rund 50 Mrd. Dollar weniger als im neuen Index (2000 – 2019).