Gemeinsame Antworten auf ein drängendes Problem

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Gemeinsame Antworten auf ein drängendes Problem

Schäden durch Klimawandel: Was bringt der Klimagipfel in Doha?
Weitblick-Bild: 5/2012 - Gemeinsame Antworten auf ein drägendes Problem

Folge eines Hurrikans: Ein verlassenes Haus auf Jamaika.

 

Schäden aufgrund des Klimawandels (englisch „Loss and Damage“) erlangen wachsende Prominenz in der UN-Klimapolitik. Was sagt die Klimawissenschaft über mögliche Konsequenzen des Klimawandels?

Die 2 °C-Welt:
Selbst bei einem Temperaturanstieg von unter 2 °C in diesem Jahrhundert – erklärtes Ziel der internationalen Staatengemeinschaft – würden sich die Wasserprobleme in vielen Regionen, insbesondere in Afrika, durch Veränderungen der Niederschläge weiter verschärfen. Bereits bei einem Anstieg von 1,5 °C werden Korallen-Ökosysteme durch Ozeanversauerung und Temperaturanstieg massiv beeinträchtigt. Der Meeresspiegel würde – vor allem wegen der beschleunigten Eisschmelze in Grönland – bis Ende des Jahrhunderts bei + 1,5 °C vermutlich um ca. 75 cm steigen und dadurch zum Beispiel
mehr als zehn Prozent der Landfläche von Bangladesch dauerhaft verloren gehen.

Die 4 °C-Welt:
Bei einem Anstieg von durchschnittlich 4 °C, der mit den gegebenen Klimaschutzversprechen leider durchaus realistisch ist, könnte der Meeresspiegel
in diesem Jahrhundert bereits um einen Meter ansteigen, langfristig deutlich mehr. Ein bis zwei Meter Meeresspiegelanstieg verursachen zum Beispiel in den 15 Ländern der Karibik schätzungsweise einen ökonomischen Schaden von bis zu zwölf Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2050. Eine wärmebedingte Zerstörung tropischer Regenwälder, insbesondere im Bereich des Amazonas, würde zunehmend größere Mengen an CO2 freisetzen.
Verschiedene Kipppunkte könnten das Klima für ganze Kontinente radikal umgestalten.

Die 6 °C-Welt:
Ein Anstieg von 4 °C in diesem Jahrhundert würde wahrscheinlich langfristig zu einem Anstieg von 6 °C führen, doch bei ausbleibendem Klimaschutz ist dies bereits in diesem Jahrhundert möglich. Zu den erwarteten Auswirkungen liegen nahezu keine Studien vor. Die jüngste historische Analogie einer
6 °C-Welt liegt etwa 55 Millionen Jahre zurück und war durch radikale klimatische Änderungen geprägt. Das Tempo war allerdings deutlich geringer, als es bei einem solchen Anstieg in diesem Jahrhundert wäre. Eine weitreichende Auslöschung existierender Ökosysteme, wie sie damals geschah, ist  anzunehmen; mit katastrophalen Konsequenzen für die menschliche Zivilisation.

Selbst bei umfangreichen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, die eine hohe Priorität haben müssen, und ambitioniertem Klimaschutz im Sinne eines 2 °C-Limits, werden nicht mehr alle Schäden des Klimawandels zu vermeiden sein.

Auch deshalb steht „Loss and Damage“ nun bei der Klimakonferenz in Doha auf der Agenda. Germanwatch verfolgt das Arbeitsprogramm der  UN-Klimaverhandlungen dazu im Rahmen der „Loss and Damage in Vulnerable Countries Initiative“ eng. Für Doha stellt sich die Frage: Wie können die Länder auf das wachsende Problem reagieren? Fast 100 der verletzlichsten Staaten – die Gruppen der ärmsten Entwicklungsländer (LDCs) und der  kleinen Inselstaaten – sehen die Notwendigkeit, einen internationalen Mechanismus zu etablieren, damit sich der UN-Prozess dauerhaft der Thematik annimmt. Wichtige Ergebnisse könnten eine verbesserte Datenerhebung und internationale Koordination sowie größere Unterstützung beim Umgang mit dem Problem sein. Auch ein politisch kontroverses Thema wie Kompensationen für Klimaschäden kann nicht dauerhaft verschwiegen werden.

Wenngleich es in Doha voraussichtlich kontroverse Verhandlungen über „Loss and Damage“ geben wird, lässt sich gleichzeitig nicht bestreiten, dass die Weltgemeinschaft aufgrund des bisherigen Klimaschutzversagens gemeinsame Antworten auf dieses wachsende Kollektivproblem finden muss.

Sven Harmeling, Sönke Kreft