Blogpost | 18/12/2019 - 15:02

Bits & Bäume goes HNE Eberswalde

Zum Zusammenhang von Künstlicher Intelligenz (KI), Nachhaltigkeit und Bildung
Workshop zu Künstlicher Intelligenz

Die Konferenz n – Bildung, Bits & Bäume

Am 29. November 2019 waren wir als Referent*innen bei der Konferenz n eingeladen. Einmal im Jahr organisiert das Netzwerk n diese Konferenz als Angebot für Hochschulangehörige zur Vernetzung, zum gegenseitigen Inspirieren und zum gemeinsamen Entwickeln neuer Ideen zur Unterstützung der Nachhaltigkeitstransformation.

Dieses Jahr fand die Konferenz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde unter dem Motto Bildung, Bits & Bäume statt. Das Netzwerk n hatte sich zum Ziel gesetzt, den Spirit der 2018 von Germanwatch mitgegründeten Bits & Bäume Bewegung wieder aufzugreifen und weiterzutragen. Das wollten wir natürlich persönlich unterstützen, mitsamt unserer neuen Studie zu Künstlicher Intelligenz im Gepäck.

Öko oder Techi?

Schnell wurde klar, mit wie viel Engagement und Wissbegierde aber auch Reflektiertheit die Teilnehmenden in unseren Workshop zu Künstlicher Intelligenz (KI) im Kontext der Energiewende gekommen waren. Schon auf die erste Frage, ob sie sich eher als Ökos oder Techis identifizieren würden und ob sie KI (engl. AI – artificial intelligence) eher als Chance oder Risiko einschätzten, folgte die überraschende Antwort: „Ich würde mich schon eher im Nachhaltigkeitskontext verorten. Und KI ist ein technisches Hilfsmittel. Das heißt es kommt darauf an, wie man es nutzt und welchen Rahmen man dafür schafft.“

KI und Machtstrukturen?
Wie verfestigt KI Machtstrukturen?

Power to the People or Power to the AI?

Nach einem kurzen Impuls zu KI und ihren Möglichkeiten im Einsatz für die Energiewende, starteten wir in die Workshop-Phase. Wir wollten von den Teilnehmenden wissen, wie ihrer Meinung nach KI mit Machtstrukturen zusammenhängt. Schnell wurde identifiziert, dass im Fall von KI jene Akteure Macht haben, die über die meisten oder besten Daten verfügen, die Algorithmen schreiben und/oder die finanziellen Mittel und das Knowhow, um die Technologie weiterzuentwickeln. So könne KI dazu beitragen Marktmachtstellungen oder sogar Monopole, globale Ungleichheit, aber auch Diskriminierungsmuster aufgrund von Geschlecht, Ethnie usw. zu verfestigen.

Auch in unserer Studie haben wir den Zusammenhang von KI und der Herausbildung von Marktmacht, aber auch politischer Macht, verdeutlicht (siehe Kapitel 4.5 Marktmacht und politische Macht). Außerdem haben wir uns darin mit der Verstärkung von Diskriminierungsmustern und der Verschärfung von (globalen) Wohlstandsunterschieden (siehe Kapitel 4.4. Ausgewählte soziale Folgen) auseinandergesetzt.

Und nun? Lösungsorientiert denken

Doch schon bei der ersten Diskussionsrunde war klar, dass das Problem nicht KI an sich ist. Schnell wollten die Teilnehmenden auch über Regulierung und andere Lösungsansätze diskutieren.

  • Daten und Strukturen. Zentral galt dabei die Auswahl von Daten, mit denen die KI trainiert wird. Da die Qualität von KI wesentlich von den Trainings-Daten abhängt, benötige es hier eine Reflexion über die Qualität der Daten sowie darüber, wie die Qualität der Daten sichergestellt werden kann. Als grundsätzliche Strategien haben die Teilnehmenden identifiziert, dass man aktiv gegen diskriminierende Strukturen arbeiten müsse, z.B. mithilfe von Bildung.
  • Anwendungsbereiche und Ethik. Außerdem sollte vor dem Einsatz von KI die Frage geklärt werden, ob das wirklich nötig sei, um das jeweilige Problem zu lösen. Von bestimmten Anwendungsbereichen, wie der Entscheidung moralischer Fragen, sollte KI hingegen völlig ausgeschlossen werden. Dabei poppte jedoch die Frage auf, wer dies denn entscheiden solle und so wurde über die Einführung einer digitalen Ethikkommission ebenso diskutiert wie über die Demokratisierung der Entwicklung von Codes und der Auswahl von Daten.
  • Kontrolle und Vision. Darüber hinaus wurden staatliche Überprüfungsmechanismen, wie der beschlossene TÜV für KI, ebenso in Betracht gezogen wie die Zerschlagung von Monopolen. Das Grundproblem, das die Gruppe sah, lag im Fehlen einer gemeinsamen positiven Gesellschaftsvision: „Wenn wir nicht wissen, wo wir moralisch hinwollen, wie können wir dann unsere Algorithmen entsprechend mit Daten füttern?
KI Problemlösung
Wie lässt sich das Problem auflösen?

Lessons Learned

Mit den Diskutierenden haben wir insgesamt ein hohes Gesprächsniveau und tolle Ergebnisse erzielt. Dabei waren wir überrascht darüber, auf wie viele politisch diskutierte Maßnahmen die Teilnehmenden, durch logisches Denken und den gemeinsamen Austausch, selbst gekommen sind. Das zeigt, dass das Digitalisierungsthema in der Nachhaltigkeitsszene angekommen ist. Die „Ökos“ sind bereit, sich mit dem bisher sehr technisch besetzten Feld auseinanderzusetzen und eine nachhaltige und gemeinwohlorientierte Vision der Digitalisierung zu entwerfen sowie deren Hemmnisse und Risiken zu adressieren. Unsere Teilnehmenden wollten gerne weiter erkunden, diskutieren und auch noch eine Spur konkreter in puncto Handlungsoptionen werden. Ebenso wie wir! Wir bleiben weiter dran, den in unserer KI-Studie entworfenen Rahmen zu konkretisieren und in die politische Debatte einzubringen und wollen unsere Arbeit im digital-nachhaltigen Bildungsbereich weiter ausbauen.


Hendrik Zimmermann, Referent für Energiewendeforschung und Digitale Transformation bei Germanwatch, auf der Konferenz n im Interview zum Thema Digitalisierung & Nachhaltigkeit: