Sojaanbau gefährdet nachhaltige Entwicklung
Sojaanbau gefährdet nachhaltige Entwicklung
In den letzten dreißig Jahren ist in vielen Ländern Südamerikas der Sojaanbau für den Export drastisch angestiegen. Soja ist dort eines der wichtigsten Exportprodukte. Möglich wurde der Boom durch den Anbau gentechnisch veränderter Sojabohnen, die den Einsatz des Pflanzenschutzmittels Glyphosat stark erleichtern. In einer aktuellen Studie für Germanwatch hat das Testbiotech Institut untersucht, wie der Sojaanbau und -handel auf einige der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) wirkt. Im Fokus stehen die Verfügbarkeit und die Qualität von Wasser, die menschliche Gesundheit, die biologische Vielfalt und der Klimaschutz.
Der Einsatz von Gentechnik und Glyphosat beim Sojaanbau hat AgrarunternehmerInnen in Argentinien, Brasilien und Paraguay durch Rationalisierungseffekte hohe Gewinne beschert. Oft wuchsen Sojaflächen auf Kosten ländlicher, oft kleinbäuerlicher Bevölkerungsgruppen, der Umwelt und der biologischen Vielfalt. Die Möglichkeit, auch frisch in Ackerland umgebrochene Flächen durch den Einsatz von Glyphosat von Unkräutern zu befreien, ist eine Voraussetzung für die Expansion des Sojaanbaus. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile von gentechnisch veränderter Soja gehen inzwischen jedoch zunehmend verloren. Immer mehr Unkräuter haben sich an den Einsatz von Glyphosat angepasst. Die LandwirtInnen reagieren darauf, indem sie pro Hektar mittlerweile mehr als doppelt so viel ausbringen, wie noch vor einigen Jahren. Das ist für LandarbeiterInnen und AnwohnerInnen nicht nur wegen der immer deutlicher werdenden gesundheitlichen Risiken von Glyphosat problematisch. Sondern auch weil Glyphosat in der Regel mit oft noch schädlicheren Zusatzstoffen versehen wird, um die Wirkung zu steigern. Zusätzlich werden noch giftigere Herbizide wie Paraquat eingesetzt. In der EU darf dieses Pestizid wegen gesundheitlicher Risiken für AnwenderInnen, also die LandwirtInnen, nicht mehr verwendet werden. Die Giftstoffe reichern sich in Oberflächen und Grundwasser an, und gefährden deshalb nicht nur kurzfristig Menschen, Tiere und Pflanzen.
Der Anstieg des Sojaanbaus geht mit massiven Verlusten und Schäden an Savannen, Feuchtgebieten, Wäldern und Grasland einher. Er führt zum Verlust biologischer Vielfalt und zur Emission von Treibhausgasen. Auch regionale Wasserkreisläufe können sich verändern, und in manchen Regionen Überschwemmungen damit die Versalzung der Böden fördern. In anderen hingegen droht Wassermangel. Die derzeitige Praxis des Sojaanbaus wirkt sich also negativ aus auf wichtige Ziele für nachhaltige Entwicklung.
Die EU ist nach China zweitwichtigster Markt für Soja. Sie muss die Probleme des Sojaanbaus für das Erreichen der SDGs gegenüber den Exportländern thematisieren. Ein Ziel muss dabei sein, die Importe insgesamt zu beschränken und die verbleibenden Mengen aus Anbausystemen zu beziehen, die nicht zur weiteren Entwaldung beitragen und ohne Gentechnik auskommen. Gleichzeitig muss darüber gesprochen werden, wie sich mit vielfältigeren und nachhaltigeren Produktionssystemen Wertschöpfung und Beschäftigung in den ländlichen Räumen Südamerikas steigern lässt.
Tobias Reichert, Germanwatch & Dr. Christoph Then, Testbiotech