Meldung | 29.12.2003

Nach dem Klimagipfel in Mailand: Kyoto lebt!

Hintergrundpapier zur COP 9 im Jahr 2003

Auch der Klimagipfel in Mailand stand stark unter der noch ausstehenden Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch Russland. Es folgt eine aktuelle Einschätzung zu diesem Thema, größtenteils basierend auf einer Mitteilung von Alexey Kokorin (WWF), einem der bestinformierten Beobachter der russischen Klimapolitik.

Die Situation während des Klimagipfels wurde kommunikativ angeheizt durch die gleichzeitig stattfindende Endphase des Wahlkampfs um das russische Parlament, die Duma. Einige Populisten wie der Kyoto-Gegner Illarionov äußerten sich prominent und wurden von den Medien gerne zitiert. In Mailand wurde demgegenüber deutlich, dass viele Staaten dabei sind, das Kyoto-Protokoll umzusetzen (etwa die Europäische Union mit der Einführung des Emissionshandelssystems, das rund die Hälfte der EU-Emissionen beschränkt). Es haben sich bereits viele Strukturen gebildet, die für die Umsetzung des Protokolls zuständig sind und eine starke Dynamik entfalten. Und durch die Beschlüsse des Gipfels von Mailand wurden praktisch alle noch ausstehenden Detailfragen zur operationalen Umsetzung des Protokolls gelöst.

Die in den Medien kursierenden sehr schlechten Nachrichten um die Ratifizierung Russlands sind als Stimmungsmache einzuordnen, womit im Wahlkampf Stimmen der "linken Wählerschaft" (welche in Russland gegen "Kyoto" ist) mobilisiert werden sollen. Alles in dieser Zeit Gesagte sollte in diesem Sinne bewertet und als weitgehend irrelevant für die Zeit nach der Wahl gesehen werden. Mit der Ausnahme des einen Arguments, dass überhaupt kein Fortschritt hinsichtlich Ratifizierung vor dem 14. März 2004 (dem Tag der Präsidentschaftswahl) wahrscheinlich ist.

Es gibt mehrere Aussagen und verlässliche Insider-Informationen, dass es bislang keine negative Entscheidung (allerdings auch keine positive) zur Ratifizierung gibt. Die letzte Äußerung des russischen Premierministers (am 17. Dezember in Japan) lautete: "Russland wird ratifizieren, aber die Untersuchungen erfordern mehr Zeit als erwartet".

Es gibt allerdings keinerlei Hinweise, dass entsprechende Untersuchungen tatsächlich in einem nennenswerten Umfang durchgeführt würden. Bei der Ratifizierung handelt es sich sicherlich eher um eine politische Frage. Allem Anschein nach wird das Durchführen weiterer Untersuchungen lediglich vorgegeben, um Zeit zu gewinnen, um "etwas" in Gesprächen auf weltpolitischer Ebene zu bekommen, wobei unklar ist, was das sein könnte. Etwa der WTO-Beitritt Russlands oder irgendeine "Kompensation" bei einer Erweiterung der Europäischen Union? Die abschließende Entscheidung wird ausschließlich vom russischen Präsidenten getroffen werden. Er wartet auf eine gute politische Gelegenheit, um die Ratifizierung (oder auch die Nicht-Ratifizierung) mit maximalem Vorteil "zu verkaufen".
 
Dieses Projekt wird finanziell vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt gefördert.
Die Förderer übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen der Förderer übereinstimmen.


Autoren: Dr. Manfred Treber, Christoph Bals und Gerold Kier

Zuletzt geändert