Zukunftsklage
Gemeinsam mit Ihnen reichen wir Verfassungsbeschwerde ein. Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, ein Klimaschutzgesetz vorzulegen, das Maßnahmen beinhaltet, die unsere Freiheitsrechte heute und in Zukunft schützen.
Klimaschutz darf nicht zulasten der heutigen Jugend und zukünftiger Generationen aufgeschoben werden, sondern muss zeitnah umgesetzt werden. Dies stellte das Bundesverfassungsgericht in seinem historischen Klimabeschluss im Frühjahr 2021 fest. Die damalige Bundesregierung schärfte daraufhin die Klimaziele deutlich nach und zog sie zeitlich vor. Diese Errungenschaft möchte die jetzige Regierung nun rückgängig machen. Anstatt ausreichende Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, hat sie das Klimaschutzgesetz abgeschwächt und verletzt damit Freiheitsrechte aller Menschen. Deswegen ziehen wir vor das Bundesverfassungsgericht und reichen gemeinsam mit Greenpeace und Einzelkläger:innen eine Verfassungsbeschwerde ein.
Die Phase, um sich der Klage anzuschließen, endete am 31. August. Wir können keine weiteren Anmeldungen mehr annehmen. Wir würden uns aber freuen, wenn Sie unseren Newsletter abonnieren, um weiterhin mit uns in Kontakt zu bleiben.
Gemeinsam mit weiteren jungen Beschwerdeführenden haben wir 2021 den historischen Klimabeschluss erstritten. Drei Jahre später stehen wir vor einem neuen Klimaschutzgesetz, dass diese Errungenschaften wieder rückgängig macht. Das darf nicht sein. Deswegen ziehen wir erneut vor Gericht, um unser Recht auf Zukunft einzufordern.
Lüke Recktenwald, Kläger aus Langeoog
Allgemeine Fragen zu der Zukunftsklage
FAQ about the constitutional complaint
- Warum reichen wir eine Verfassungsbeschwerde ein?
Die Bundesregierung hat es bisher versäumt, ausreichende Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen. Deutschland ist nicht auf dem Pfad, seine Klimaziele und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 2021 einzuhalten. Zudem erlaubt das Klimaschutzgesetz (KSG) immer noch zu viele Emissionen, obwohl das deutsche CO2-Budget in einigen Jahren ganz oder nahezu aufgebraucht ist. Insbesondere im Verkehrssektor werden zentrale Maßnahmen nicht ergriffen und es droht eine gravierende Zielverfehlung.
Anstatt ausreichende Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, hat der Bundestag auf Vorschlag der Bundesregierung darüber hinaus das Klimaschutzgesetz in einiger Hinsicht abgeschwächt: Die verbindlichen Ziele für verschiedene Bereiche („Sektoren“) wie Verkehr und Gebäude wurden gestrichen. Die Bundesregierung ist nicht mehr verpflichtet, unverzüglich nachzusteuern, wenn Deutschland vom Kurs abweicht. Damit ist der Verschiebebahnhof für Emissionen möglich, dem das Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorschieben wollte.
Deshalb reichen wir gemeinsam mit Greenpeace und weiteren Einzelkläger:innen – und unterstützt von Protect the Planet - eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Klimaschutz darf nicht zu Lasten der heute jungen und zukünftigen Generationen aufgeschoben werden, sondern muss zeitnah umgesetzt werden. Dies stellte bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem historischen Klimabeschluss im Frühjahr 2021 fest.
Wir fordern die Umsetzung des Klima-Beschlusses mit schnellen und effektiven Maßnahmen und ein verfassungskonformes Klimaschutzgesetz.
Ist die Beschwerde erfolgreich, könnte das Bundesverfassungsgericht die Regierung verpflichten, für die Zielerreichung ausreichende Maßnahmen, vor allem im Verkehrssektor, zu ergreifen. Wir hoffen, dass die Änderungen im Klimaschutzgesetz, die die klare Verantwortung vernebeln und zeitlich einen Verschiebebahnhof ermöglichen, rückgängig gemacht werden.
- Auf welcher rechtlichen Argumentation beruht die Verfassungsbeschwerde?
Unsere Verfassungsbeschwerde ruht auf drei Säulen, die inhaltlich miteinander verknüpft sind:
- Ambition
Das deutsche KSG erlaubt immer noch zu viele Emissionen, über die wir in Deutschland – gemessen an der 1,5° Grad Grenze, die auch der Straßburger Menschengerichtshof bestätigt hat – nicht mehr verfügen können. Das Gesetz ist nicht ambitioniert genug um Menschenrechte ausreichend zu schützen. Das muss geändert werden. - Anfechtung Klimaschutzgesetz
Die gerade erst vom Bundestag verabschiedete Novelle des KSG ist verfassungswidrig. Sie verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht bereits anerkannten Freiheitsrechte im Kontext der Klimakrise. Das Gesetz belässt es zwar bei den 2021 gesetzten Zielen (65% Reduktion bis 2030 und Treibhausgasneutralität bis 2045), schwächt aber die Umsetzung so, dass eine Verschiebung der notwendigen Maßnahmen – anders als 2021 vom Bundesverfassungsgericht gefordert -, ermöglicht wird. So ist Deutschland – wie der Expertenrat vorgerechnet hat – weder für 2030 noch für die Folgezeit auf Zielerreichungspfad. - Erlass von Maßnahmen
Das heutige Unterlassen von Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor verletzt intertemporale Freiheitsrechte. Bei weiterer Untätigkeit des Verkehrsministers sind später umso härtere, in die Freiheitsrechte eingreifende Maßnahmen unvermeidlich. Besonders betroffen sind von solchen Freiheitseinschränkungen eher ärmere Menschen im ländlichen Raum, wenn nicht Vorsorge für klimaverträgliche Moblititätsangebote getroffen wird. Obwohl § 1 des KSGs die Regierung auffordert beim Klimaschutz auf Sozialverträglichkeit zu achten, benachteiligt das Fehlen ausreichender Maßnahmen im Verkehrs- und auch Gebäudesektor gerade die sozial schwächeren Gruppen. Wer in Mietwohnungen wohnt oder sich als Pendler:in nur einen Gebrauchtwagen leisten kann, kann dann – ohne entsprechende Handlungsangebote – kaum angemessen reagieren.
- Ambition
- Wie läuft eine Verfassungsbeschwerde genau ab?
Wenn neu verabschiedete oder geänderte Gesetze Grundrechte verletzen, können Menschen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einreichen. Zudem kann eine Klage eingereicht werden, wenn Bundesregierung und Bundestag in bestimmten Bereichen keine oder nicht ausreichend effektive Gesetze erlassen und es so zu Verletzungen von Grundrechten kommt. Ist die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingegangen, gibt es eine Art Vorauswahl. Das Gericht kann die Beschwerde ablehnen, also gar nicht zur Entscheidung annehmen. Dann bekommt man einen Nichtannahmebeschluss – auch der kann nützlich sein und später genutzt werden, wenn er vom Gericht mit Begründung versehen wird.
Passiert die Beschwerde diesen Schritt, stellt das Verfassungsgericht sie der Bundesregierung und dem Bundestag zu, die dann Stellung beziehen können. Es kann auch weitere Akteure anfragen, wie z.B. Sozialverbände oder Gewerkschaften. Anschließend kommt es regelmäßig (aber nicht immer) zu einer mündlichen Verhandlung, in der Argumente ausgetauscht und manchmal Sachverständige gehört werden.
Schließlich fällen die Verfassungsrichter:innen ihr Urteil: Entweder sie weisen die Verfassungsbeschwerde ab oder sie erklären Gesetze für verfassungswidrig und verpflichten Bundesregierung und Bundestag innerhalb einer bestimmten Frist neue verfassungskonforme Gesetze zu erlassen.
- Wer sind die Beschwerdeführer:innen?
Germanwatch und Greenpeace klagen als Umweltverbände gemeinsam mit Einzelkläger:innen. Bis zum 31. August können sich in Deutschland lebende Menschen der Verfassungsbeschwerde anschließen.
Alle Beschwerdeführer:innen sind juristisch gleichgestellt. Allerdings werden in der Klageschrift auch Fälle vertiefend dargestellt, die neben dem Recht auf “intertemporale Freiheitssicherung” auch den mangelhaften Schutz von anderen Rechtsgütern argumentieren: zum Beispiel geht es um Eigentumsrechte oder Gesundheitsfragen. Einige von ihnen waren schon Beschwerdeführer:innen bei der letzten Verfassungsbeschwerde 2021, wie z.B. Lüke Recktenwald aus Langeoog.
- An wen richtet sich die Verfassungsbeschwerde?
Wir erheben eine Verfassungsbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Bundesregierung (also Exekutive) und Bundestag (also den Gesetzgeber). Die Grundlage dafür liefert zum einen die Anfechtung des Klimaschutzgesetzes und die mangelhafte Klimaschutzpolitik der Regierungskoalition: Besonders aufgrund fehlender Maßnahmen im Verkehrssektor wird Deutschland seine verfassungsrechtlich gebotenen und gesetzlich vorgeschriebenen Klimaschutzziele langfristig verfehlen.
- Warum sprechen wir sowohl von Verfassungsbeschwerde als auch von Zukunftsklage?
Juristisch korrekt handelt es sich bei unserer Klage um eine Verfassungsbeschwerde. Formal sind es sogar so viele Beschwerden, wie sich Menschen beteiligen. Da die Verfassungsbeschwerde aber die Weichen für eine klimafreundliche Zukunft stellen soll, haben wir sie „Zukunftsklage“ getauft.
- Wie wird die Klage finanziert?
Die Klage wird finanziert von Greenpeace und Germanwatch mit Unterstützung von der Sick-Umweltstiftung. Die Arbeit von Germanwatch im Bereich Klimaklagen beruht auf Spenden. Gerne können Sie uns durch eine zweckgebundene Spende unterstützen. Vielen Dank!
- Wie kann ich Germanwatch bei dieser Klage unterstützen?
Natürlich freuen wir uns auch, wenn Sie Ihren Freund:innen von der Klage erzählen und überzeugen mitzuklagen. Die Arbeit von Germanwatch im Bereich Klimaklagen beruht auf Spenden. Gerne können Sie uns durch eine zweckgebundene Spende unterstützen.
- Gibt es noch weitere Verfassungsbeschwerden?
Ja, es gibt neben unserer Zukunftsklage noch zwei weitere Verfassungsbeschwerden: eine geführt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gemeinsam mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, eine vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) und Einzelkläger:innen aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Die verschiedenen Beschwerden ermöglichen es dem Gericht unterschiedliche rechtliche Argumentationen zu prüfen.
Aktuelles und Publikationen zur Zukunftsklage
Der Verkehrssektor in Deutschland hinkt beim Klimaschutz hinterher – bislang wurden hier kaum Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt. Klar ist allerdings, dass sich auch im Verkehrssektor etwas tun muss, um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Die vorliegende Analyse untersucht, welche Konsequenzen es hat, wenn die entsprechenden Maßnahmen noch weiter hinausgezögert werden.
Der gemeinsamen Verfassungsbeschwerde von Greenpeace und Germanwatch haben sich bereits mehr als 35.000 Menschen angeschlossen. Über 200 dieser Mitklagenden treten aktuell (heute Vormittag) vor dem Bundeskanzleramt zusammen für besseren Klimaschutz ein. Gemeinsam bilden sie mit jeweils einen Meter großen Buchstaben das Wort “Zukunftsklage”. Sie stehen vor einem Banner mit der Aufschrift “Wir klagen gemeinsam für Klimaschutz”. Bis Ende August können sich Interessierte noch anschließen.
Fünf deutsche Umweltverbände werden gemeinsam mit Kläger:innen aus allen Teilen der Gesellschaft insgesamt drei neue Verfassungsbeschwerden gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung sowie die Entkernung des Klimaschutzgesetzes erheben. Dies kündigten die Verbände für den Fall an, dass Bundespräsident Steinmeier die Gesetzesänderung unterschreiben sollte. Germanwatch und Greenpeace, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) führen jeweils eine Beschwerde mit Kläger:innen, die in unterschiedlichen Lebensbereichen von der Klimakrise betroffen sind.