Pressemitteilung | 31.05.2005

EU-Überschussproduktion bedroht Milchbauern in Nord und Süd.


 

Gemeinsame Pressemitteilung

Berlin, 31.5.05: Die Reformumsetzung der EU-Milchmarktordnung wird die Milchpreise in der EU unter Druck setzen und damit die bereits schwierige Lage der einheimischen Milchbauern weiter verschärfen. Denn durch die Reform werden noch mehr Milch-Überschüsse in der EU produziert. Diese gelangen durch Exportsubventionen verbilligt auf den Weltmarkt, wodurch Kleinbauern in Entwicklungsländern der Absatz ihrer Milchprodukte auf heimischen und internationalen Märkten erschwert wird. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und die Bauernorganisation Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zum internationalen Tag der Milch am 1. Juni vorgestellt haben. Die Studie hat den Titel "Anforderungen an eine Reform der EU-Milchmarktordnung aus der Sicht bäuerlicher Organisationen in Nord und Süd".

Germanwatch und AbL kritisieren auf der Basis der Studie die Reform der EU-Milchmarktordnung. Sie schade den Bauern in der EU ebenso wie den Kleinbauern im Süden. Erforderlich sei stattdessen eine Milchmarktpolitik, die Bauern in Nord und Süd stärkt. Dafür wird insbesondere eine Reduzierung der Milchquote in Richtung des Inlandsverbrauchs der EU sowie die Einstellung aller subventionierten Ausfuhren gefordert.

"Politik, Lebensmitteleinzelhandel und Milchverarbeiter wollen den schon jetzt zu niedrigen Preis von 26 Cent pro Liter in Deutschland auf 22 Cent drücken. Und das, obwohl die Produktionskosten in der EU zwischen 35 und 40 Cent liegen", sagt Bernd Voß, aktiver Milchbauer und Mitglied des AbL-Bundesvorstands. "Für die Milchbauern in der EU wäre es viel besser, die in der EU produzierte Milchmenge zu reduzieren, dafür aber einen fairen Preis für die Milch zu erhalten. So könnte auch eine sozial- und umweltgerechte Milcherzeugung wirtschaftlich tragbar sein". Dafür biete die 2003 beschlossene Entkopplung immerhin eine erste Grundlage - damals wurden die Direktzahlungen an Bauern von der Produktionsmenge gelöst. Um aber die grünlandbetonte und artgerechte Milcherzeugung in der EU weiter zu stärken, müssten die entkoppelten Direktzahlungen an ökologische und soziale Kriterien gebunden werden.

"Dass die EU durch die Reform noch mehr subventionierte Überschüsse auf den Weltmarkt werfen wird, ist skandalös", betont Michael Windfuhr, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. "So wurde die kleinbäuerliche Milchproduktion in einigen Entwicklungsländern - nachweislich auf Jamaika - durch die verbilligte EU-Milch bereits schwer geschädigt. Auch in anderen Ländern und auf dem Weltmarkt konkurriert die subventionierte Milch aus der EU mit den Milchprodukten der Kleinbauern aus Entwicklungsländern." Deshalb sollten die von der EU künstlich verbilligten Milch-Exporte endlich gestoppt werden, statt sie weiter auszubauen.

Die Studie legt dar, dass schon jetzt in der EU mehr Milch produziert als konsumiert wird, obwohl die Erzeugung über eine Quote reglementiert wird. Dennoch soll diese Milch-Quote durch die Reform erhöht werden. Gleichzeitig wird der Staat weniger Überschüsse als bisher zu niedrigeren Preisen aufkaufen. So wird insgesamt der Druck auf den Milchpreis in der EU erhöht. Und die Überschüsse sollen nach wie vor mit Hilfe von Exportsubventionen auf dem Weltmarkt für Milchprodukte abgesetzt werden.

Milch ist eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel und deshalb weltweit von großer Bedeutung für die Ernährung. Darüber hinaus hat Milch aber auch eine hohe Einkommenswirksamkeit. In Europa beispielsweise gibt es in Grünlandregionen oft keine wirtschaftliche Alternative zur Milchproduktion, die hier mit relativ viel Aufwand in überwiegend bäuerlichen Strukturen betrieben wird. Immerhin sind in Deutschland 50 Prozent der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft davon abhängig. Auch in Entwicklungsländern, wie z.B. Indien, ist die Milcherzeugung von großer Bedeutung. Hier steigt die Binnennachfrage nach Milchprodukten an und bietet vielen Kleinbauern gute Chancen, ihr Einkommen zu sichern. Lokale Märkte können sich entwickeln, ländliche Gebiete werden gestärkt. In Zukunft könnten diese Länder durch die kostengünstige Milcherzeugung auch für den Weltmarkt produzieren. Subventionierte EU-Exporte stehen dieser Entwicklung jedoch entgegen.

>> Komplette Studie und weitere Infos zum Thema Milch
 

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