Keine Angelegenheit, die wieder verschwindet

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Keine Angelegenheit, die wieder verschwindet

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hielt der britische Premier Tony Blair am 26. Januar eine Rede zu seinen Schwerpunkten für dieses Jahr, in dem Großbritannien sowohl die G8-Präsidentschaft wie auch die EU-Ratspräsidentschaft innehat.

Germanwatch bringt eine Übersetzung seines Redeteils zum Thema Klimawandel.

" (...) Es gibt Tatsachen, die akzeptiert sind. Die fünf heißesten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen waren innerhalb der letzten sieben Jahre; die zehn heißesten in den letzten vierzehn Jahren. Vor mehr als achtzehn Jahren hatte die Welt das letzte Mal einen Monat zu verzeichnen, der "kälter als normal" war. Die Schneedecke hat seit 1960 um 10 % abgenommen.

Seitdem Arrhenius als erster 1896 die globale Erwärmung vorausgesagt hatte, wurde sie auf's heftigste diskutiert. Ich bin kein wissenschaftlicher Experte. Ich sehe nur, dass sich die Abwägung der Erkenntnisse in eine Richtung verlagert hat. Manche argumentieren, die Erwärmung sei Teil eines natürlichen Zyklus, wie, als Kontrastbeispiel, die Kleine Eiszeit im Mittelalter. Aber heutzutage ziehen sich Gletscher zurück, die seit der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren nicht mehr zurückgegangen sind. Die Auswirkungen des Klimawandels, wie sie von Modellierern vorausgesagt wurden, setzen bereits in unheimlicher Weise ein, nicht zuletzt im europäischen Sommer 2003.

Man könnte also sagen, dass die Beweislage noch immer umstritten ist. Es wäre aber falsch zu behaupten, dass die Anzeichen einer Gefahr nicht klar und überzeugend von sehr vielen, vollkommen unabhängigen und starken Stimmen angedeutet werden. Sie sind in der Mehrheit. Die Mehrheit hat nicht immer recht; aber sie verdient es, angehört zu werden.

Hinter der Diskussion über die Wissenschaft verbirgt sich jedoch etwas anderes. Politische Führungskräfte befürchten, dass sie unakzeptable Einbrüche des Wirtschaftswachstums und der Lebensstandards hinnehmen müssen, um den Klimawandel anzugehen.

Ich denke, es wird keine allgemeine Zustimmung zu einer Lösung des Klimawandelproblems geben, die drastische Einschnitte in Wachstum oder Lebensstandard mit sich bringt, egal wie berechtigt sie ist. Aber glücklicherweise muss das gar nicht der Fall sein. Wissenschaft und Technik können nicht allein die Antwort liefern. Aber sie liefern sicherlich die Mittel, um den Rückgang der Treibhausgasemissionen zu gewährleisten, ohne unserer Wirtschaft zu schaden. Tatsächlich stellen sie langfristig bedeutende unternehmerische und wirtschaftliche Chancen in Aussicht.

Ein Beispiel: In Europa haben alle Staaten das Kioto-Protokoll ratifiziert. Es wird am 16. Februar in Kraft treten. Der europäische Emissionshandel ist etabliert. Das wird ein mächtiger Antrieb für nachhaltigere Methoden der Energiebereitstellung, Industrieproduktion und unternehmerischer Aktivitäten.

Was hoffen wir nun für die G8, deren Staaten immerhin 65 % des globalen Bruttoinlandsproduktes und 47 % der globalen CO2-Emissionen ausmachen?

Erstens, dass sie eine Richtung einschlagen. Sei es wegen der mit dem Klimawandel verbundenen Risiken oder der Sicherheit der Energieversorgung: Wir müssen klare Signale geben, dass wir, während wir noch die Wissenschaft analysieren - und die Konferenz in Exeter nächste Woche wird uns dabei helfen -, vereint in Richtung Treibhausgasreduktionen gehen. Ich unterstütze das Kioto-Protokoll. Andere werden es nicht tun, und diese Position wurde verstanden. Aber Unternehmen und Weltwirtschaft sollten wissen, dass dies keine Angelegenheit ist, die wieder verschwindet. Meine Sichtweise - soweit die hier relevant sein mag - ist ganz klar, dass es bei der Diskussion darum geht, wie und wann man sich dieser Aufgabe stellt, und nicht ob überhaupt. Ich beabsichtige, diesbezüglich sowohl in der EU-Präsidentschaft später dieses Jahr Fortschritte zu erzielen als auch über die G8.

Zweitens möchte ich über den G8-Prozess ein Paket mit praktischen Maßnahmen entwickeln - im Wesentlichen auf Technologie konzentriert - um die Emissionen zu senken. Und damit meine ich nicht nur die Erforschung neuer Technologien, obwohl dies sehr wichtig ist. Ich denke, wir müssen viel stärker daran arbeiten, Wege zu finden, um das enorme Angebot an bereits entwickelten kohlenstoffarmen Technologien zu nutzen. Energieeffizienz. Erneuerbare Energiequellen. Sauberere fossile Brennstoffe. Müllvermeidung. All das kann geschafft werden, und oft zu viel geringeren Kosten als wir denken.

Drittens sollte die G8 mit den sich rasch entwickelnden Volkswirtschaften wie China, Indien, Brasilien und Südafrika zusammenarbeiten, um nach Möglichkeiten für diese zu suchen, sich als Volkswirtschaften mit geringer Kohlenstoffintensität zu entwickeln und zu wachsen. Ich war betroffen von der Tatsache, dass Kohlekraftwerke in Entwicklungsländern bis 2030 mehr Kohlendioxidemissionen produzieren könnten als der gesamte Kraftwerkssektor der OECD heute. Entwickelte und aufstrebende Volkswirtschaften müssen in den nächsten Monaten und Jahren zusammenarbeiten, um einen neuen Konsens darüber zu finden, wie wir die Herausforderung des Klimawandels bewältigen. (...)"

Quelle: http://www.number-10.gov.uk/output/Page7006.asp
 

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