Pressemitteilung | 03.11.2017

Oberlandesgericht Hamm verhandelt "Klimaklage" gegen RWE

Am 13. November verhandelt der 5. Zivilsenat in zweiter Instanz den Fall des peruanischen Bergführers Saúl Luciano Lliuya gegen RWE.
Pressemitteilung

Bonn/Hamm (3. Nov. 2017). Am 13. November (Montag) ab 12:30 Uhr wird der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Berufung des peruanischen Bergführers und Kleinbauern Saúl Luciano Lliuya mündlich verhandeln. Der Termin fällt mitten in die zweiwöchige UN-Klimakonferenz in Bonn (6. - 17. Nov.). Bei dem als "Klimaklage" bekannt gewordenen Fall geht es um die Frage, ob der Energiekonzern RWE anteilig für Schutzmaßnahmen vor Klimawandelfolgen in den Hochanden aufkommen muss. Dort droht eine Flutwelle infolge eines durch den Klimawandel stark angeschwollenen Gletschersees oberhalb der Stadt Huaraz. Das Landgericht Essen hatte die Zivilklage in erster Instanz des in Europa einmaligen Falles abgewiesen. Nun geht es darum, ob die Beweisaufnahme eröffnet wird.  Wenn dies geschieht, wäre dies ein Durchbruch in dem Präzedenzverfahren. Denn damit würde das Gericht akzeptieren, dass der Fall zu gewinnen ist, wenn die Beweise im Detail ausreichen.

"Ich bin zuversichtlich, dass das Oberlandesgericht Hamm sich dem Fall jetzt richtig zuwenden wird. Grundsätzlich ist die Klage schlüssig – jetzt muss endlich die Beweisaufnahme folgen, denn viele Fakten sind ja zwischen den Parteien umstritten", sagt die Rechtsanwältin des Klägers, Dr. Roda Verheyen (Hamburg). "Für meinen Mandanten wäre damit klargestellt, dass grundsätzlich Verantwortung für die Folgen des Klimawandels auch bei den großen Verursachern liegt. Das Überflutungsrisiko in Huaraz ist eine Folge des menschgemachten globalen Klimawandels und damit auch eine Folge der Emissionen der Beklagten. Das können und wollen wir beweisen.“

Der Kläger Saúl Luciano Lliuya, der ebenfalls in Hamm anwesend sein wird, ergänzt: "Für mich ist RWE mitverantwortlich für die Risiken, die uns in Huaraz bedrohen. Wissenschaftlichen Studien zufolge wächst der See oberhalb meiner Heimatstadt wegen der beschleunigten Gletscherschmelze und die Risiken durch von Eisabstürzen ausgelöste Flutwellen nehmen weiter zu. RWE gehört zu den größten Emittenten der Welt. Aber diese Konzerne übernehmen für die Folgen ihrer Emissionen bisher keinerlei Verantwortung. Man muss kein Rechtsgelehrter sein um zu erkennen, dass das Unrecht ist."

Das Verfahren ist ein Präzedenzfall. Saúl Luciano Lliuya möchte erreichen, dass RWE seinem Anteil an der Verursachung des Klimawandels entsprechend für Schutzmaßnahmen an einem Gletschersee oberhalb der Andenstadt Huaraz aufkommt. Dem Teil der Stadt, in dem Luciano Lliuya und seine Familie wohnen, droht wegen der durch den Klimawandel beschleunigten Gletscherschmelze eine akute Flutgefahr. Ein Abbruch des schmelzenden Gletschers über dem vollen See könnte zu einer verheerenden Flutwelle führen, von der laut Studien bis zu 50.000 Menschen direkt betroffen wären. RWE lehnt die Forderung jedoch ab.

"Jeder, der Risiken verursacht, muss auch seinen Teil der Kosten für den Schutz der davon betroffenen Menschen übernehmen", sagt Klaus Milke, Vorsitzender der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, die Luciano Lliuyas Anliegen unterstützt und ihn berät. "Wir setzen darauf, dass nach einem Erfolg solcher zivilrechtlicher Fälle der Handlungsdruck auf die Politik viel größer würde. Die während der Verhandlung stattfindende UN-Klimakonferenz in Bonn ist insofern ein wichtiger Resonanzboden für diesen Fall. Denn es geht auf längere Sicht um eine politische Lösung für all' diejenigen, die heute und künftig Schäden und Verluste durch den Klimawandel erleiden, den andere zu verantworten haben."

Für die Anwalts- und Gerichtskosten des Klägers in diesem Musterverfahren tritt die Stiftung Zukunftsfähigkeit ein und ruft zu Spenden auf.