Blogpost | 18.04.2018

Neuer Elysée-Vertrag muss Umsetzung der Pariser Klimaziele vorantreiben

Blog-Beitrag von Audrey Mathieu, April 2018
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Germanwatch fordert den französisch-deutschen Motor zu starten für die Umsetzung der Pariser Klimaziele. "Die beiden Umweltminister Hulot und Schulze haben noch Ende März den Anspruch beider Länder betont, die Pariser Klimaziele konsequent umzusetzen. Nun muss es darum gehen, konkrete Schritte dafür auf höchster Ebene abzustimmen", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Germanwatch-Vertreter haben am 17. April mit weiteren deutschen Umweltorganisationen die französische Staatssekretärin für Umwelt, Brune Poirson, in Berlin getroffen. In dem Gespräch ging es unter anderem um die EU-Klimaziele, CO2-Bepreisung und die von beiden Parlamenten geforderte Erneuerung des Elysée-Vertrags.

Bei dieser Erneuerung wirbt Germanwatch für die Verankerung eines ambitionierten Umwelt- und Klimaschutzkapitels im Vertrag. Bals: "1963 wurden im Elysée-Vertrag in erster Linie der Frieden und seine Sicherung adressiert. In der nun geplanten Ergänzung heißen die besonders zu schützenden Geschwister des Friedens Umwelt und Klima. Es ist höchste Zeit für eine französisch-deutsche Entente Climatique."

Beide Regierungen arbeiten bereits an der Erneuerung des Elysée-Vertrages. Sie wollen den Vertrag von 1963 zum Januar 2019 zeitgemäß ergänzen, wobei auch die Ursprungsversion weiterhin Bestand haben soll. Die Erneuerung des Vertrags liegt federführend beim Kanzleramt bzw. Elysée-Palast. Dieser Prozess bietet die große Chance, die Umsetzung des größten diplomatischen Erfolgs Frankreichs in diesem Jahrzehnt, des Pariser Klimaabkommens, gemeinsam ambitioniert voranzutreiben. Die Parlamente beider Länder haben vorgeschlagen, Umwelt- und Klimaschutz in die DNA der deutsch-französischen Freundschaft zu schreiben. Das kann auch neuen Elan in die Klimapolitik der EU als Ganzes bringen. Eine Entente Climatique zur Umsetzung der Pariser Klimaziele könnte zu einem neuen identitätsstiftenden Bindeglied der beiden Länder und zu einem Anker der notwendigen Erneuerung der EU werden.

Zentrale Vorschläge von Germanwatch für die Integration des Themas Klima in den Elysée-Vertrag:

1. Ein wesentlicher Handlungskompass der Zusammenarbeit beider Regierungen sollte das klare Bekenntnis sein, Vorreiter bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und treibende Kraft für die EU-Klimapolitik sein zu wollen. Damit könnten beide Länder auch die EU als Ganzes stärken.

2. Die deutsche und die französische Regierung sollten ihre Umwelt- und Energiewende-Zusammenarbeit dementsprechend intensivieren.

3. Die Konsultationen sollten prioritär die folgenden Themen angehen und dabei auch bereits gemachte Vorschläge von Bundestag und französischer Nationalversammlung zum Elysée-Vertrag aufgreifen:

  • Die gemeinsame Entwicklung von klimapolitischen Instrumenten für alle Sektoren, wie eine über die Zeit ansteigende CO2-Bepreisung. 
  • Die Initiierung und das Vorantreiben gemeinsamer Projekte in den Bereichen europäische Eisenbahnnetze und Elektromobilität, Stromnetze und Speicher, Energieeffizienz und Industrietransformation.
  • Die Zusammenarbeit bei der Klimaschutz-relevanten Forschung & Entwicklung;
  • Die Stärkung der Berichtspflichten für Investoren und Unternehmen zu klimarelevanten Risiken für ihr Geschäftsmodell.
  • Eine ambitionierte Abstimmung zum neuen EU-Haushalt nach 2020 durch die die Umsetzung der Pariser Klimaziele in den Mitgliedsstaaten deutlich gestärkt werden kann.
  • Eine gemeinsame Position zur Anhebung der EU-Klimaziele - zunächst für 2050 - an die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens.

4. Bei den jährlich stattfinden Deutsch-Französischen Ministerräten sollte die Teilnahme der klimapolitisch relevanten Ministerien (Umwelt, Energie, Industrie, Bau, Verkehr, Entwicklungszusammenarbeit, Auswärtiges) grundsätzlich verbindlich sein. Die Arbeitsebene der klimarelevanten Ministerien sollte sich systematisch einmal alle sechs Monate oder häufiger treffen. Dies betrifft insbesondere die Umwelt- und Energieministerien.

5. Bei den Deutsch-Französischen Ministerräten sollte jährlich ein Fortschrittsbericht zur klimapolitischen Zusammenarbeit vorgelegt und diskutiert werden. Die hierfür geschaffenen Kontrollmechanismen sollten regelmäßig evaluiert werden.

Frankreich strebt die CO2-Neutralität bis 2050 an - national oder auf EU-Ebene. Die letzte deutsche Regierung hat im Klimaschutzprogramm zu erkennen gegeben, dass auch sie dies anstrebt. Auch andere EU-Vorreiterstaaten sind nicht abgeneigt, über das wenig ambitionierte EU-Langfristziel von 80-95 Prozent CO2-Reduktion bis 2050 hinauszugehen. Wenn sich auch die aktuelle Regierung Deutschlands nun dazu bekennen würde, wäre plötzlich wieder mehr Dynamik in der EU-Klimapolitik. Die Themen für die Gestaltung einer Klimapartnerschaft liegen auf der Hand:

Das französisch-deutsche Tandem hätte die Chance auf der einen Seite ehrgeizigere Ziele und als ernsthaftes Instrument der Umsetzung investitionsrelevante CO2-Preise voranzubringen. Auf der anderen Seite wären die beiden Staaten sehr gut positioniert, die Hebelwirkung des Finanzmarktes zum Einsatz zu bringen, indem sie festlegen, dass die Unternehmen diesem darüber berichten müssen, wie ihr Geschäftsmodell darauf eingestellt ist, die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und einen steigenden CO2-Preis als Chance für die notwendige Transformation zu nutzen. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Paris und Berlin kann viel neuen Elan in die EU-Klimapolitik bringen und andere EU-Länder zu ambitionierteren Klimapolitiken motivieren.

Seit fast einem Jahr streckt die französische Politik bei den Themen EU-Erneuerung und Klimapolitik die Hand zum deutschen Nachbarn aus. Solange Deutschland nur eine geschäftsführende Regierung hatte, konnte es keine ernsthafte Antwort darauf geben. Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, nun entschieden auf Frankreich zuzugehen. Dafür ist jetzt höchste Zeit. Darin steckt eine Riesenchance für das Klima und für Europa.

Mit Unterstützung von der Mercator Stiftung

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