Wirtschaft und Menschenrechte

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Wirtschaft und Menschenrechte

 

Bislang gibt es noch kein international verbindliches Rahmenwerk zur Unternehmensverantwortung. Ein Versuch, mit den sogenannten UN-Normen für Multinationale Unternehmen ein solches Rahmenwerk zu schaffen, ist 2004 in der damaligen Menschenrechtskommission gescheitert. Jedoch entstand ein Folgeprozess zu den Fragen von Wirtschaft und Menschenrechten, und seit 2005 gibt es einen UN-Sonderbeauftragten für Wirtschaft und Menschenrechte (SRSG), John Ruggie. Dieser legte im Frühjahr 2008 seinen Abschlussbericht vor. Andrea Shemberg, Mitarbeiterin im Team von John Ruggie, stellt im Folgenden die Hauptergebnisse des Berichts vor.

In seinem Bericht an den Menschenrechtsrat schlägt der Sonderbeauftragte Ruggie ein konzeptionelles Rahmenwerk vor, um die Diskussion um die Rolle der Wirtschaft für die Menschenrechte voranzubringen. Es umfasst drei Grundsätze: Schutz und Respekt der Menschenrechte sowie Zugang zu Beschwerdemechanismen.

Schutzpflicht des Staates

Die Schutzpflicht des Staates ist Kernbestandteil des internationalen Menschenrechts-Regimes. SRSG Ruggie stellt fest, dass die meisten Regierungen das Thema Wirtschaft und Menschenrechte sehr eng definieren. Menschenrechte werden häufig in einem eigenen konzeptionellen und typischerweise schwachen institutionellen System betrachtet - isoliert von anderen Politikbereichen, die Wirtschaftspraktiken bestimmen, zum Beispiel die Handels- und Investitionspolitik sowie das Wirtschaftsrecht. Diese unangemessene Parallelstruktur findet sich ebenso auf internationaler Ebene wieder.

SRSG Ruggie unterstreicht, dass Menschenrechtsfragen über die engen institutionellen Strukturen hinaus vorangetrieben werden sollten. Regierungen müssen die Auswirkungen auf die Menschenrechte berücksichtigen, wenn sie Handels- oder Investitionsverträge unterzeichnen und wenn sie Exportkredite oder Investitionsgarantien für internationale Projekte vergeben.

Verantwortung der Unternehmen, Gesetze zu respektieren

Die Mindestanforderung der Gesellschaft an Unternehmen besteht darin, dass diese die Menschenrechte respektieren, auch wenn der entsprechende Staat seiner Schutzpflicht aus internationalen menschenrechtlichen Verträgen nicht nachkommt. Diese Verantwortung bildet folglich das zweite Prinzip des Rahmenwerks. Im Wesentlichen heißt das, dass Unternehmen niemandem schaden sollen. Diese Anforderung kann aus gesellschaftlichen Erwartungen abgeleitet werden und stellt keine rechtlich bindende Verpflichtung nach völkerrechtlichen Menschenrechtsverträgen dar. Dies bedeutet, dass Unternehmen zusätzlich zu nationalem Recht der gesellschaftlichen Kontrolle unterliegen und eine häufig zitierte gesellschaftliche Legitimation ("social license to operate") benötigen. Diese entwickelt sich oft sehr viel schneller als Gesetze.

SRSG Ruggie benennt die Elemente einer Prüfung, die sicherstellen soll, dass Unternehmen mit der erforderlichen Sorgfalt das Risiko einer Menschenrechtsbeeinträchtigung prüfen, um diese zu verhindern.

Zugang zu Beschwerdemechanismen

Auch wenn Institutionen optimal agieren, entstehen häufig Konflikte über nachteilige Menschenrechtspraktiken von Unternehmen, und die Opfer verlangen Entschädigungen. Der Zugang zu Beschwerdemechanismen ist also das dritte Prinzip des beschriebenen Rahmenwerkes. SRSG Ruggie ist davon überzeugt, dass alle Staaten mehr tun könnten, um Hindernisse beim Zugang zu Rechtsmitteln abzubauen und die rechtlichen Möglichkeiten zu stärken, gegen Unternehmen, die auf ihrem Staatsgebiet tätig sind oder dort ihren Sitz haben, vorzugehen. Der Bericht empfiehlt, dass nicht-rechtliche Beschwerdemechanismen bestimmten Grundsätzen genügen müssen, um glaubhaft und effektiv zu sein: Sie müssen legitimiert, zugänglich, vorhersehbar sowie transparent sein und mit Rechten übereinstimmen.

SRSG Ruggie bat den Menschenrechtsrat um Unterstützung dieses Rahmens, um das Ermöglichen der weiteren Ausarbeitung sowie um Unterstützung bei der Annahme durch alle relevanten gesellschaftlichen Akteure. Der Rat hat das Werk einstimmig angenommen und den SRSG gebeten, es innerhalb seines neuen Drei-Jahres-Mandats zu verwirklichen.

Andrea Shemberg

Übersetzung: Anika Busch

>> Download des Berichts

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