UN-Menschenrechtsentscheidung bringt Hoffnung in Asyldebatte

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UN-Menschenrechtsentscheidung bringt Hoffnung in Asyldebatte

Ein Bürger des Inselstaats Kiribati hat sein 2015 von der Regierung Neuseelands abgelehntes Asylersuchen, nach Ausschöpfen aller neuseeländischen Berufungsebenen, vor den UN-Menschenrechtsausschuss gebracht. Ioane Teitiota hatte seiner bevorstehenden Abschiebung entgegengestellt, dass auf seiner Heimatinsel durch Klimafolgen grundlegende Voraussetzungen eines sicheren Lebens nicht mehr gewährleistet seien. Auch wenn der Ausschuss die Entscheidung der neuseeländischen Regierung zur Abschiebung nicht rechtswidrig einschätzt, erkannte er grundsätzlich an, dass Klimafolgen zu Vertreibung führen können. Die Entscheidung kann daher die Debatte zum Umgang mit Asylersuchen voranbringen, denen Klimafolgen zugrunde liegen.

Germanwatch übersetzt hier Passagen der Entscheidung, die generell anerkennen, dass Klimafolgen zu Vertreibung führen können:

[…] 9.11: Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Auswirkungen des Klimawandels in den Aufnahmestaaten* ohne robuste nationale und internationale Bemühungen die Menschen einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 6 [Anm. Recht auf Leben] oder 7 [Anm. Schutz vor Folter und unmenschlicher Behandlung] des Paktes aussetzen können und dadurch die Nicht-Zurückweisungsverpflichtungen der Entsendestaaten* auslösen können. Da zudem die Gefahr, dass ein ganzes Land überschwemmt wird, ein so extremes Risiko darstellt, können die Lebensbedingungen in einem solchen Land mit dem Recht auf ein Leben in Würde bereits unvereinbar werden, bevor das Risiko real wird [Anm.: also bereits vor der Überschwemmung].

9.12 Im vorliegenden Fall akzeptiert der Ausschuss die Behauptung des Verfassers [Ioane Teitiota], dass der Anstieg des Meeresspiegels die Republik Kiribati wahrscheinlich unbewohnbar machen wird. Er stellt jedoch fest, dass der vom Verfasser [Ioane Teitiota] angegebene Zeitrahmen von 10 bis 15 Jahren ein Eingreifen der Republik Kiribati mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ermöglichen könnte, um positive Maßnahmen zum Schutz und gegebenenfalls zur Umsiedlung ihrer Bevölkerung zu ergreifen. Der Ausschuss stellt fest, dass die Behörden des Vertragsstaates [Anm. Neuseeland] diese Frage gründlich geprüft und festgestellt haben, dass die Republik Kiribati Anpassungsmaßnahmen trifft, um die bestehende Verwundbarkeit zu verringern und die Widerstandsfähigkeit gegen Schäden durch den Klimawandel zu erhöhen. […]

9.14 Ohne Beeinträchtigung der anhaltenden Verantwortung des Vertragsstaates [Neuseeland], in künftigen Abschiebungsfällen die damalige Situation in der Republik Kiribati und neue und aktualisierte Daten über die Auswirkungen des Klimawandels und den darauffolgenden Anstieg des Meeresspiegels zu berücksichtigen, ist der Ausschuss nicht in der Lage festzustellen, dass die Rechte des Verfassers [Ioane Teitiota] gemäß Art. 6 des Paktes bei seiner Abschiebung in die Republik Kiribati im Jahre 2015 verletzt wurden. […]

Diese Passage benennt die Begründung Neuseelands:

[…] Die einheimischen Behörden [Anm. in Neuseeland] betonten, dass ihre Schlussfolgerungen nicht ausschließen, dass die Umweltzerstörung infolge des Klimawandels zukünftig einen Weg in die Gerichtsbarkeit für geschützte Personen schaffen könnte. Die Behörden waren jedoch der Ansicht, dass der Betroffene und seine Familie [Anm. mit ihrer vorgelegten Begründung] keinen solchen Pfad geschaffen hätten.

 

*“Aufnahmestaaten“ sind hier die Heimatländer der Menschen, in die sie aus den „Entsendestaaten“, in die sie migriert sind, zurückgeschickt werden.

Zum Originaltext (auf Englisch)


Der UN-Menschenrechtsausschuss überwacht, ob die Vertragsstaaten den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte angemessen umsetzen und einhalten. Ist dies nicht der Fall, kann er den Staaten Verbesserungsempfehlungen vorlegen. Ioane Teitiota hatte sich an den Ausschuss gewandt, da er in der Abschiebung nach Kiribati sein Recht auf Leben (Art. 6) gefährdet sah.