Menschenrechte und Patente

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Menschenrechte und Patente

 

In vielen Entwicklungsländern ist es bisher ausdrücklich verboten, Patente auf Pflanzen und Tiere anzumelden, da ein Patentschutz die Nutzungsmöglichkeiten einschränkt und verteuert, was die Überlebensmöglichkeiten der armen Bevölkerung einschränkt.

Mit dem Vertrag zum Schutz von geistigem Eigentum in der Welthandelsorganisation (WTO), das sogenannte TRIPS-Abkommen, ist es den Entwicklungsländern nicht mehr gestattet, den Zugriff auf ihre biologischen Ressourcen, für die sich insbesondere die großen Pharmakonzerne interessieren, zu beschränken. In der Praxis können also - wie es vielfach bereits geschieht - Unternehmen ihre Mitarbeiter oder dafür angeheuerte "Sozial"-Arbeiter in Entwicklungsländer schicken, um die Menschen vor Ort nach den Heilwirkungen der Pflanzen auszufragen. Teilweise bekommt die indigene Bevölkerung dann ein Paar Pfennige oder Cents für die Auskunft. Das Unternehmen untersucht die Pflanze in seinen Labors und patentiert dann entweder ein bestimmtes Verfahren zur Extraktion des Wirkstoffes oder den evtl. leicht modifizierten Wirkstoff. Als Folge dürfen die eigentlichen Besitzer des Wissens um die Heilwirkung und die eigentlichen Besitzer auch dieser Pflanze den Wirkstoff der Pflanze nicht mehr ohne die Zustimmung des Patentinhabers "herstellen, benutzen oder verkaufen". Sie sind im Gegenteil dazu verpflichtet, für die Benutzung oder den Verkauf Lizenzgebühren zu bezahlen. Das Unternehmen, dass das Patent angemeldet hat, kann weltweit den Nutzen aus dieser biologischen Ressource ziehen, auch wenn es sich dieses Wissen widerrechtlich angeeignet hat.

Dieses Verfahren steht im klaren Widerspruch zu den geltenden Menschenrechten. Es verletzt erstens "das Recht jedes Volkes auf die freie Verfügbarkeit über die eigenen Ressourcen", d.h. dass jedes Volk über seine eigenen Ressourcen frei verfügen und den Nutzen daraus haben soll. Zweitens wird das Menschenrecht auf Ernährung beeinträchtigt. Das Menschenrecht "Ernährung" besagt, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben muss, sich selbst zu ernähren. Wenn aber Patente auf Saatgut eingeführt sind, dürfen die Bauern in Entwicklungsländern sich nicht mehr Saatgut von dem geernteten Getreide zurücklegen, sondern müssen das patentierte Saatgut jedes Mal neu kaufen. Dies übersteigt die finanziellen Möglichkeiten vieler Bauern und Bäuerinnen, die bereits jetzt kaum überleben können. Drittens wird das Menschenrecht auf Gesundheit schwerer umsetzbar. Medikamente werden durch Patente teurer und die ganz Armen werden sich diese dann nicht mehr leisten können.

Auf die Verletzung der Menschenrechte durch das TRIPS-Abkommen hat die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen bereits mehrfach hingewiesen. Es ist daher angezeigt, das TRIPS-Abkommen so schnell wie möglich im Sinne einer Beachtung der Menschenrechte aller auf dieser Welt lebenden Menschen zu verändern.

Brigitte Herrmann