Philippinisches Lehrstück

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Philippinisches Lehrstück

Sonne statt Kohle?

 

Auf der philippinischen Zuckerinsel Negros leben die meisten Menschen mehr schlecht als recht vom Zucker, der auf großen Plantagen angebaut wird. Die Energieversorgung in Negros ist bisher weitgehend über Geothermie sichergestellt. Doch eine Erweiterung der Geothermie wäre jetzt wohl nur noch möglich in einem der zwei letzten verbliebenen Naturparks - Negros hat 98 Prozent seines Waldes abgeholzt. Ein Konsortium unter anderem von Ogden (USA) und ABB (Europa) will deshalb ein 50 MW-Kohlekraftwerk bauen, um den künftig erwarteten Energiehunger zu stillen. Für die Insel würde das den Einstieg in die Kohlenutzung bedeuten. Kohle, das bedeutet nicht nur lokale Umweltschäden. Es bedeutet auch eine bedeutende Belastung für das globale Klima, da Kohle pro Energieeinheit der klimaschädlichste Energieträger ist.

Große Teile der Bevölkerung in Negros sind gegen den Einstieg in die Kohle. 1998 scheiterte der erste Versuch, das Kohlekraftwerk in Bago City, 20 Kilometer südlich von Bacolod, zu bauen. Nachdem mehr als 20 000 Protestierende vor das Rathaus in Bago gezogen waren und der Stadtrat das Projekt abgelehnt hatte, nahm das Firmenkonsortium den nächsten Anlauf. Aber auch in Silay City, 17 km nördlich der Hauptstadt, forderte der Stadtrat nach zahlreichen Protesten die Unternehmen im März 1998 auf, das Projekt aufzugeben.

Auch beim dritten Versuch im Städtchen Pulupandan, 30 Kilometer süd-westlich von Bacolod, bildete sich schnell Opposition. 13 000 Menschen legten namentlich Protest ein. Aber der Stadtrat unterstützt das Projekt, allen voran der Bürgermeister. Das Kraftwerk soll auf dem Land seiner Familie gebaut werden . ...

Eine Koalition von philippinischen und internationalen Nichtregierungsorganisationen (NRO) hat einen Plan vorgelegt, wie das geplante Kohlekraftwerk durch eine Kombination von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energieträgern ersetzt werden soll – wenn denn überhaupt ein neues Kraftwerk angesichts der gegenwärtigen Überkapazitäten notwendig ist. (Der häufige Stromausfall ist nicht durch Stromknappheit, sondern durch das marode Netz bedingt). Das Konzept beruht auf Vorarbeiten vor allem von Greenpeace. Insbesondere Kraft-Wärme-Kopplung auf Grundlage der in den Zuckermühlen anfallenden Melasse hat auf Negros ein erhebliches Potential. Aber auch die Wind- und Wasserkraftpotentiale sind ungenutzt. GERMANWATCH unterstützt die Aktivitäten dieser internationalen NRO-Koalition. Wir werden zudem Kontakt zu europäischen Unternehmen aufbauen, die sich in diesem sehr symbolträchtigen Projekt engagieren wollen.

  • Unterstützen auch Sie das Konzept von GERMANWATCH und anderen Nichtregierungsorganisationen,
  • Setzen Sie sich ein für ein zukunftsfähiges Energiesystem in Nord und Süd,
  • Schreiben Sie an den Leiter der Bezirksregierung von Negros Occidental in Bacolod! (siehe Briefentwurf unten)

Christoph Bals
 
 
 
 
 

Unterstützen Sie den Weg in eine zukunftsfähige Energieversorgung!
 

Schreiben Sie an den Leiter der Bezirksregierung von Negros Occidental in Bacolod. Unterstützen Sie ihn in seiner Absicht, nach Alternativen zum Bau einer kohlebasierten Infrastruktur zu suchen. Er hat den Alternativplan der NRO (s.o.) begrüßt und dessen Prüfung zugesagt. (Den englischsprachigen Brief mit 3 DM frankieren; wir würden uns freuen, wenn Sie GERMANWATCH über Ihre Aktivität benachrichtigen würden)
 

Briefentwurf

Hon Rafael L. Coscolluela
Provincial Governor of Negros Occidental
Aguinaldo St.,
Bacolod City
Philippines
 

Dear Sir,

I am writing to you from Germany, having heard about the plans to build a 50 MW coal-fired power plant in Pulupandan. I have also learned that you endorse Green Renewable Independent Power Producer (GRIPP), the alternative plan put forward by different NGOs. I herewith urge you to give GRIPP a realistic chance. The whole concept of GRIPP is - as you know - to raise energy efficiency and utilize a range of renewables to make a cost-effective, available resource that is cost competitive with conventional power plants such as coal.

In Germany, the NGO GERMANWATCH supports this project. GERMANWATCH has excellent contacts to the renewable and energy efficiency industry in Europe. This rapidly growing industry, although it hasn’t played a large role in the past in Germany, will soon employ more people than the declining coal industry. GERMANWATCH is more than willing to discuss the investment opportunities of this project with its business contacts as soon as the Philippines send a signal to do so. Today, we regret that there was no opportunity to build a clean and renewable energy supply system at the time of the establishment of our German energy system. And we, as people from the North, are quite enthusiastic that you and many others in the South are struggling for a more sustainable energy future. This also encourages climate protection activities in our country.

The state of Negros may one day be happy that it had a provincial governor who supported the future and not the past. We heartily appreciate your willingness to explore new sustainable paths,

Sincerely yours,
 
 
 
 
 

Reisebericht: Philippinische Spuren des Klimawandels
 

Auf einer kleinen Insel, die der philippinischen Zuckerinsel Negros vorgelagert ist, erzählt uns eine Familie, mit der wir zu Abend essen, der steigende Meeresspiegel verschlinge von Jahr zu Jahr mehr vom schönen, weißen Sandstrand. Eine Tauchlehrerin ist konsterniert, wieviele der Korallenriffe - neben den Sandstränden eine der größten Touristenattraktionen aufgrund der Meereserwärmung im El Niño Jahr 1998 ausgebleicht sind. Wenige Tage später meint ein Entwicklungshelfer, wenn der Trend der letzten Jahre hin zu veränderten Regen- und Wettermustern sich fortsetze, müßten in Zukunft andere Früchte angebaut werden. Das löse heftige Debatten mit den Bauern aus, die solange sie sich erinnern dasselbe anbauten.

Auf Mindanao, bekannt geworden durch die Geiselhaft der Familie Wallert, erzählen Frauen mit Tränen in den Augen über die Firmfeier mit dem Bischof als Ehrengast wenige Tage zuvor: "Wir konnten ihm nichts als trockenen Reis anbieten." Wenige Monate zuvor hatten sie sogar richtig Hunger gelitten. Ursache war die lange Dürre wegen des El Niño-Effektes. Immer mehr Indizien sprechen inzwischen dafür, daß durch den Treibhauseffekt mit häufigeren und möglicherweise auch heftigeren El Niño Ereignissen zu rechnen ist.

Nächste Station der Reise ist Cebu, die zweitgrößte Stadt der Philippinen. Wir bekommen in der Universität Karten gezeigt, wie der steigende Meeresspiegel von Jahr zu Jahr das Salzwasser tiefer ins Landesinnere in Richtung der Trinkwasserreserven Cebus eindringen läßt. Wir sprechen mit vielen Menschen in Cebu, aber keiner weiß von der mittelfristigen Bedrohung für ihr Trinkwasser.

Von Tag zu Tag wird deutlicher, wie sehr ein Land wie die Philippinen mit seinen 7000 Inseln und seiner überwiegend ländlichen Bevölkerung vom globalen Klimawandel betroffen sein könnte.

Christoph Bals
(Zusammen mit seiner Familie besuchte er 1999 für einige Monate die Philippinen)

 

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