Pressemitteilung | 10.09.2003

Kleine Entwicklungs-Beigaben auf dem Verhandlungstisch in Cancún.


 

Pressemitteilung

Cancún, 10.9.2003. Die WTO-Ministerratstagung im mexikanischen Cancún hatte gestern, noch vor dem offiziellen Beginn am heutigen Mittwoch, einen unerwarteten Auftakt: Der US- Handelsbeauftragte Zoellick und Anne Venema, US-amerikanische Agrarministerin, kündigten auf einer Pressekonferenz in Cancún an, dass sie die Klagen der Afrikaner ernst nehmen. Sie bieten den betroffenen Ländern in Westafrika ein Hilfspaket an, das sich aus Entwicklungshilfe, der Förderung privater Auslandsinvestionen für die afrikanische Textilindustrie und aus bevorzugten Zollsenkungen für westafrikanische Textilien zusammensetzt. "Das Angebot ist eine Mogelpackung," so Germanwatch Vorstandsmitglied Rudolf Buntzel-Cano. "Bei den Baumwollsubventionen für die US-Bauern wurden keine Abstriche gemacht."

Die Forderungen der vier westafrikanischen Regierungen Burkina Faso, Bénin, Tschad und Mali bei der WTO sind gegen die Baumwollsubventionen der USA und EU gerichtet. Ähnlich wie den Themen TRIPS & Gesundheit gelten sie als Testfall für die Berücksichtigung von Entwicklungsanliegen. Die insgesamt knapp 4 Mrd. US $ Baumwollsubventionen - davon allein 3 Mrd US $ gezahlt in den USA, 980 Mio US $ gezahlt in der EU - drücken den Weltmarktpreis: Er fiel zwischen 1997 und 2002 um 39%. Leidtragende sind die afrikanischen Baumwollbauern und die Volkswirtschaften der betroffenen Länder, die in hohem Maße von den Einnahmen aus der Baumwollproduktion abhängen.

Im Kern geht es beim Baumwoll-Streit um die Frage, ob die Welthandelsorganisation auch die Interessen der armen Länder wirkungsvoll gegen die Supermächte verteidigen kann. Die Industrieländer stehen bei der bevorstehenden Ministerratstagung unter Beweiszwang. Sie haben versprochen, dass die Entwicklungsbedürfnisse der armen Länder im Mittelpunkt stehen sollen. "Die Industrieländer überschlagen sich zu Beginn dieser Handelstagung mit Bekenntnissen, sich für die Entwicklungsländer einzusetzen," so die Handelsexpertin von Germanwatch Marita Wiggerthale in ihrer Beobachterfunktion aus Cancún. "Aber sie kneifen, wenn es um wirksame, substantielle Zugeständnisse für Entwicklungsländer geht, die ihnen selbst echte Anpassungen abfordern."

Am Montag, den 8. September, hatte die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul öffentlich die Anliegen der vier westafrikanischen Staaten unterstützt. In einer Veranstaltung zusammen mit den vier westafrikanischen Handelsministern wurde die Bedeutung des Baumwollsektors und die dramatischen Auswirkungen für die jeweiligen Länder veranschaulicht.

Weitere Informationen aus Cancún:

  • Marita Wiggerthale, Germanwatch, marita.wiggerthale@web.de
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