Pressemitteilung | 08.02.2000

Der Norden muß den armen Ländern des Südens helfen, sich an den globalen Klimawandel anzupassen.


GERMANWATCH - Presseerklärung

Bonn, 8. Februar 2000. Zwischen den 60er und den 90er Jahren hat die Anzahl der großen wetterbedingten Naturkatastrophen um gut das Dreifache zugenommen. Diese Zahl präsentierte Dr. Gerhard Berz, Chefmeteorologe der Münchener Rück, auf einem GERMANWATCH-Fachgespräch. Zahlreiche Entwicklungsländer wurden durch die Wetterkatastrophen um Jahre zurückgeworfen, wie der Botschafter von Ecuador, Werner Moeller und die Botschafterin von Nicaragua, Suyapa Padilla, am Beispiel ihrer Länder darstellten. Während selbst die schlimmsten Sturm- oder Flutkatastrophen in den USA oder Westeuropa allenfalls eine Größenordnung von einigen Tausendsteln des Bruttosozialproduktes erreichen, sind dies in Entwicklungsländern oft 10, 20 oder 30 Prozent. Für die kommenden Jahrzehnte ist – so Berz – mit einer deutlichen Zunahme der Wetterextremereignisse zu rechnen.

Christoph Bals, GERMANWATCH, benannte fünf Gründe, warum die Entwicklungsländer, obwohl in vielen Fällen bislang kaum am Ausstoß von Treibhausgasen beteiligt, Hauptopfer der Stürme und Überflutungen sein werden. "Erstens betreffen Wetterxtreme stärker landwirtschaftlich strukturierte Staaten – also die meisten Entwicklungsländer - besonders existentiell. Zweitens haben diese Staaten nicht das Geld und die Infrastruktur für aufwendige Gegenmaßnahmen. Drittens sind die Böden in zahlreichen Entwicklungsländern aufgrund ihrer besonderen Struktur bei Wetterextremen besonders erosionsanfällig. Viertens liegen viele der rasant wachsenden Millionenstädte, in denen ein immer größerer Anteil der Menschheit lebt, in besonders wetteranfälligen Küstenlagen in Entwicklungsländern. Und fünftens mehren sich die Indizien dafür, daß etwa durch häufigere und heftigere El-Nino-Ereignisse die Zahl der Wetterkatastrophen gerade auch in Entwicklungsländern steigen wird."

Richard Klein vom Postdamer Institut für Klimafolgenforschung wies darauf hin, daß ein Teil des drohenden globalen Klimawandels nicht mehr abzuwenden sei. Deshalb gelte es jetzt auch, Anpassungsprozesse an den Klimawandel zu fördern. Albrecht Schwarzkopf von der Christlichen Initiative Oskar Romero zeigte an den Fallbeispielen Nicaragua und Guatemala die besondere Betroffenheit der ohnehin marginalisierten Bevölkerung von den Sturm- und Flutkatastrophen. Das Krisenmanagment der Regierungen vor Ort könne deutlich verbessert werden. Klaus Milke, GERMANWATCH, rief dazu auf, dem Thema, wie die Anpassungsprozesse in den betroffenen Staaten besser organisiert werden könnten, nach dem kommenden Klimagipfel in Den Haag einen wichtigen Platz in den UN-Klimaverhandlungen einzuräumen. Auch Martha Perdomo vom UN-Klimasekretariat bestätigte, daß in den bisherigen Klimaverhandlungen dieses Thema eine untergeordnete Rolle spiele.

Peter Rottach (Brot für die Welt) schlug vor, deutsche Entwicklungsorganisationen könnten eine Sammlung von gelungenen Anpassungspraktiken aus Ländern des Südens zusammenstellen. Erfolge seien nicht von außen zu verordnen, sondern nur in Zusammenarbeit mit den Betroffenen zu erarbeiten. Gerhard Berz von der Münchener Rück regte an, daß Regierungen, Wissenschaft, Versicherer und NGOs ihre Zusammenarbeit verstärken, wobei an die Arbeit der Internationalen Dekade zur Verringerung von Naturkastastrophen (IDNDR) angeknüpft werden könne.