Pressemitteilung | 31.10.1996

Erhöhung der Mineralölsteuer als Mittel zu mehr Zukunftsfähigkeit im Verkehr.


 

Presseerklärung

Bonn, 31.10.1996. "Der jüngste Vorstoß aus Koalitionskreisen zur Erhöhung der Mineralölsteuer sollte nicht nur als eine Kurzschlußreaktion zur Sanierung des Bundeshaushalts gesehen werden", so Klaus Milke, für die Kampagne Rio konkret zuständiges Vorstandsmitglied von GERMANWATCH.

Abgesehen davon, daß durch eine solche Maßnahme weitere Einschnitte im sozialen Bereich abgemildert werden könnten, könne sie als ein Schritt hin zur verstärkten Einführung von Zukunftsfähigkeit in den Verkehrsbereich gesehen werden, weil dadurch die in großem Maße festzustellenden externen Effekte (z.B. Lärm, durch Versicherungen nicht gedeckte Unfallschäden, Waldsterben durch sauren Regen) stärker internalisiert würden. Von wissenschaftlicher Seite wird dies seit einigen Jahren gefordert und würde nach Aussagen der Prognos AG in Basel für die Gesellschaft als Ganzes zu Wohlfahrtssteigerungen führen.

Eine Erhöhung der Mineralölsteuer wurde beispielsweise auch von dem (von der Bundesregierung eingesetzten) Rat von Sachverständigen für Umweltfragen gefordert. Dieser hat bereits in seinem Gutachten des Jahres 1994 eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf 4,60 DM pro Liter bis zum Jahr 2005 gefordert, damit die nationalen Klimaschutzziele erreicht werden können.

Eine Erhöhung der Mineralölsteuer ist also ein Mittel, das dazu beitragen soll, daß "die Preise die Wahrheit sagen". Denn die Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn die externen Kosten internalisiert werden. Ansonsten fällt bei zu niedrigen Preisen die Nachfrage nach dem entsprechenden Gut höher aus, als dies im optimalen Zustand wäre (die täglich festzustellenden Autostaus deuten darauf hin, daß die Nachfrage nicht zu gering ist).

Zudem ist, wie die Bundesanstalt für Arbeit mit einem Modell des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung diese Woche veröffentlicht hat, davon auszugehen, daß die Erhöhung der Mineralölsteuer einen wesentlichen Baustein in einem Maßnahmenpaket zur wesentlichen Senkung der Arbeitslosigkeit darstellt.

Doch eine Erhöhung der Mineralölsteuer in Deutschland hat allerdings auch Auswirkungen auf Nachbarländer. So haben die Niederlande beschlossen, die Mineralölsteuer zum 1. Juli 1997 um umgerechnet 13,5 Pfennige pro Liter zu erhöhen. Und zum 1. Januar 1998 ist beabsichtigt, diese um weitere 22,5 Pfennige pro Liter zu erhöhen. Die letzte Erhöhung ist allerdings an die Bedingung geknüpft, daß die beiden Nachbarländer (Deutschland und Belgien) ihrerseits auch die Mineralölsteuer erhöhen, damit nicht zuviel Tanktourismus und Steuerabfluß entsteht. Aus diesem Grund kam aus dem niederländischen Parlament bereits die Bitte an die Bundesregierung um eine Erhöhung der Mineralölsteuer in Deutschland. Sollte sie sich dieser Bitte verschließen, wäre dies ein weiterer Fall, daß durch deutsche Aktionen Fortschritte auf der Ebene der Europäischen Union blockiert würden.

"Es ist nicht zu fassen, daß die Koalitionsfraktionen diese mehrfache Chance zur Verbesserung der Wohlfahrt der Gesellschaft, zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes, zur Entlastung der Umwelt und zur Erhöhung des Gestaltungsspielraumes eines Nachbarlandes mit ihren jüngsten Beschlüssen vertan haben," so Milke.

GERMANWATCH fordert daher alle Parteien und die Bundesregierung auf, die Chancen einer Mineralölsteuererhöhung unverzüglich auszuschöpfen.