Blogpost | 02.08.2022

„Die Zeit für wirkungsvollen Klimaschutz drängt“

Wie uns die Wissenschaft die Dringlichkeit des Handelns vor Augen führt und doch hoffnungsvolle Beispiele präsentiert
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Vom 21. März bis 3. April 2022 fanden im Rahmen der 56. Plenarsitzung des Weltklimarats IPCC sowie der 14. Sitzung von dessen Arbeitsgruppe III zur Emissionsminderung (virtuelle) Verhandlungen zur Verabschiedung der Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen statt.
Der ausführliche Bericht (Climate Change 2022 | Mitigation of Climate Change) der IPCC-Arbeitsgruppe III ist in diesem Jahr für die UN-Klimaverhandlungen wichtiger denn je. Anders als zuvor wird dieser die Funktion übernehmen, die wichtigste Quelle an aktuellen Informationen für die Weltklimakonferenz COP27 im November zu sein. Grund: Der IPCC-Synthesebericht, der diesen Auftrag normalerweise innehat, wird nicht wie geplant im September erscheinen. Erst im März 2023 wird über die Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen verhandelt.

Doch das ist nicht weiter schlimm, fasst die Arbeitsgruppe III doch die wichtigsten Erkenntnisse der Wissenschaft zusammen und gibt mit der Kernaussauge Hoffnung:
Die Wissenschaft konnte in den letzten Jahren herausarbeiten, dass gute Aussichten beständen, beim Klimaschutz voranzukommen. Zum Senken der Treibhausgasemissionen gibt es viele neue oder bessere Optionen (etwa die Nutzung von Elektroautos) und die Kosten der Emissionsminderung sind deutlich gesunken (wie bspw. bei Photovoltaikanlagen). Viele der Maßnahmen sind sogar mit geringen oder keinen Kosten verbunden.
Denn eines steht außer Frage, wie Jim Skea, der Ko-Vorsitzende der IPCC Arbeitsgruppe III, bei der Pressekonferenz zum Bericht darstellte: Die Zeit für wirkungsvollen Klimaschutz drängt. Jetzt muss sofort gehandelt werden, wenn die Klimaziele des Paris-Abkommens mit der Beschränkung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C gegen vorindustriellem Niveau noch erreicht werden sollen.

Jim Skea bei der Pressekonferenz der Arbeitsgruppe III des IPCC
Jim Skea, der Ko-Vorsitzende der IPCC Arbeitsgruppe III, mit einer zentralen Botschaft des verabschiedeten Berichtes auf der Abschlusspressekonferenz am 4. April 2022 (Quelle: Livestream der Pressekonferenz) https://www.ipcc.ch/2022/04/01/live-stream-wgiii-ar6-pressconference/

Zu den Erkenntnissen des Berichts der Arbeitsgruppe III gehörten:

  • Die weltweiten Treibhausgasemissionen sind 2010–2019 angestiegen, insgesamt ist das Wachstum allerdings abgeschwächt. Das liegt auch daran, dass in vielen Staaten Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Mindestens 18 Staaten ist es gelungen, über zehn Jahre nachhaltige Emissionsminderungen umzusetzen, was insgesamt dazu führte, dass die weltweiten Emissionen um mehrere Gt CO2 eq zurückgingen.
  • Die beste aktuelle Abschätzung zum verbleibenden globalen Kohlenstoff-Budget – beginnend mit dem Jahr 2020 – um die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, liegt mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit bei 500 Gt CO2.
  • Ein großer Teil der Treibhausgasemissionen kommt durch die Nutzung fossiler Brennstoffe und aus industriellen Prozessen (2019: 38 ±3 GtCO2 eq); beispielsweise dem Umwandlungssektor oder Land- und Forstwirtschaft.
  • Mit Blick auf die Konsument:innen fällt ins Auge, dass 10% der Haushalte mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen für 34–45% der weltweiten verbrauchsbedingten Treibhausgasemissionen der Haushalte verantwortlich sind – die untersten 50% nur für 13-15%.

Als wichtigste Botschaften lassen sich deshalb zusammenfassen:

  • Die weltweiten Emissionen müssen bald peaken und dann schnell zurückgehen. In Zahlen heißt das nach Auswertung von Modellrechnungen: Die 2019er Emissionen müssen bis 2030 um 48% [36–69%] sinken und bis 2040 um 80% [61-109%].
  • Der IPCC muss feststellen, dass die aktuell vorgesehenen Emissionsminderungen der einzelnen Staaten bei weitem nicht ausreichen, um auf einen Paris-Pfad zu kommen.
  • Der Bedarf für CDR (Carbon Dioxide Removal), also der Einsatz von Techniken, die zu negativen Emissionen führen, ist unvermeidbar, um verbleibende Emissionen aus Sektoren auszugleichen, die sich mit Emissionsminderung schwertun.
  • Industrieländer, durch deren Wirtschaftsweise die menschgemachte Klimaänderung ihren Anfang hat, haben zwei Aufgaben zu erfüllen:
  1. zu Hause bis vor Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen erreichen und
  2. durch hinreichenden Ressourcentransfer in Länder des Globalen Südens diese in die Lage versetzen, ihrerseits die Emissionen gegen Netto-Null zu bringen.
    Allerdings muss der IPCC zur Kenntnis nehmen, dass diese Finanzflüsse aktuell unterhalb des vereinbarten kollektiven Ziels (jährlich ab 2020 100 Mrd. USD zu mobilisieren) liegen.

Der IPCC und damit auch seine Arbeitsgruppe III ist die Autorität der Wissenschaft, wenn es um die Klimaänderung geht. Damit ist der Bericht die wichtigste und legitimste Informationsquelle für Entscheidungsträger:innen, wie Emissionen gesenkt werden können. Konkret wird dies unter der UN-Klimarahmenkonvention beim ersten "Global Stocktake" des Paris-Abkommens nächstes Jahr verwendet werden, um Staaten zu animieren, ihre Emissionsminderungsverpflichtungen zu verstärken.
 

 

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