
Warum wir entwaldungsfreie Lieferketten brauchen

Foto: shutterstock.com | Richard Whitcombe
Werden Wälder und Ökosysteme wie die brasilianische Cerrado-Savanne in Soja-Monokulturen und Weideflächen für Rinder umgewandelt, geht mit ihnen die Funktion als Kohlenstoffspeicher und Klimaregulierer verloren sowie die Lebensräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Rodungen gehen auch nicht selten einher mit Vertreibung und Verletzungen von Landrechten. Die Europäische Union ist ein wichtiger Handelspartner und Importeur von Rohstoffen und Waren, die mit Entwaldung und der Zerstörung von Ökosystemen in Zusammenhang stehen. Sie trägt daher eine besondere Verantwortung, denn durch die Schaffung und Sicherstellung entwaldungsfreier Lieferketten kann sie Rodung von Wäldern und anderen Ökosystemen im Mecosur eindämmen.
Hintergrund
Weltweit werden jedes Jahr rund 10 Millionen Hektar Wald gerodet. Brasilien war in den letzten zehn Jahren das Land mit der größten Entwaldungsfläche. Die Ausdehnung von landwirtschaftlichen Flächen für Agrarexporte in den Ländern des südamerikanischen Wirtschaftsraums Mercosur, Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay, führt zu Entwaldung und negativen Veränderung von natürlichen Ökosystemen.
Sojabohnen und -schrot sind die wichtigsten Agrarimporte der EU aus dem Mercosur. Soja wird als Futtermittel in der Tierhaltung eingesetzt. 120.000 Hektar jährliche Entwaldung gehen auf Rohstoffexporte in die EU zurück. Das entspricht einer Fläche von mehr als 168.000 Fußballfeldern.

Die Europäische Union (EU) ist nach China der zweitgrößte Abnehmer von Soja und Rindfleisch - den landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die im Mercosur den Verlust von Wäldern und artenreichen Ökosystemen besonders anheizen.
Unsere Arbeit
Wir tragen durch internationale Dialogveranstaltungen, der Vernetzung und dem Austausch mit Expert*innen zu einem konstruktiven, überregionalen Austausch zwischen Akteuren aus der Mercosur-Region, China und der EU über wirksame Ansätze und Rahmenbedingungen für entwaldungsfreie Lieferketten bei.
Wir vernetzen und tauschen uns länderübergreifend aus mit Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, um gemeinsam Ansätze für entwaldungsfreie landwirtschaftliche Lieferketten zu entwickeln und voranzubringen.
Regelmäßige Neuigkeiten zu unserer Arbeit finden Sie auf unserer englischsprachigen Themenseite >>
Wir setzen uns europaweit für entwaldungsfreie Lieferketten ein.
Wir unterstützen die internationale Kampagne #Together4Forests und fordern gemeinsam mit mehr als 170 Organisationen ein starkes EU-Gesetz, um die Zerstörung der Wälder und Ökosysteme in der EU zu bekämpfen. Die Minister:innen der EU-Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament diskutieren in den kommenden Monaten die Inhalte des zu verabschiedenden Gesetzesentwurfs für entwaldungsfreie Produkte der EU.
Bis März 2022 haben sich über 53.000 Menschen unserer Bewegung #Together4Forests angeschlossen und Politiker:innen europaweit aufgefordert, sich für ein starkes EU-Gesetz zum Stopp der Entwaldung in Lieferketten der EU einzusetzen! In Deutschland wurden Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke adressiert.
Als Germanwatch werden wir in den nächsten Monaten nicht lockerlassen. Im Gegenteil: Wir arbeiten beharrlich an Lösungen für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und tragen zu deren Umsetzung bei.
Unterstützen Sie uns bei unserem täglichen Einsatz gegen die Entwaldung in unseren Lieferketten. Ihre Spende hilft uns dabei, zentrale Entscheidungsträger:innen in der Politikgestaltung für die Sicherstellung entwaldungsfreier Lieferketten zu unterstützen und den Dialog mit Akteur:innen aus dem Mercosur und China zu gestalten:
Neuigkeiten und Publikationen
Der globale Erdüberlastungstag (Earth Overshoot Day) fällt dieses Jahr auf kommenden Mittwoch, den 2. August. Der Tag markiert den Zeitpunkt im Jahr, bis zu dem die Menschheit so viele Ressourcen von der Erde beansprucht hat, wie alle Ökosysteme im gesamten Jahr erneuern können. Das bedeutet, die Menschen leben so, als hätten sie 1,7 Planeten zur Verfügung. Die Berechnung wird jedes Jahr vom Global Footprint Network (GFN) durchgeführt. Der deutsche Erdüberlastungstag war bereits Anfang Mai.
In unserem neuen englischsprachigen Positionspapier analysieren wir gemeinsam mit Climate & Company und Rechtsanwälte Günther, warum Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeit für Finanzinstitutionen der Schlüssel sind, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Als Beispiel für dieses Instrument ziehen wir beispielhaft Sorgfaltspflichten für Finanzinstitutionen zur Vermeidung der Finanzierung von Entwaldung verursachenden Projekten heran. Darüber hinaus stellt das Positionspapier konkrete Optionen für die Regulierung von Finanzakteuren durch das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) vor.
Endlich ist es soweit: Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte trat am 29. Juni 2023 in Kraft. Dieses Gesetz ist ein lang erwarteter Schritt, um Wälder und Naturräume weltweit vor der Abholzung für den europäischen Konsum zu schützen. Nun müssen die 27 EU-Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass die Vorschriften der Verordnung eingehalten werden.
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt die heute unterzeichnete Vereinbarung zur Einrichtung eines deutsch-chinesischen Klima- und Transformationsdialogs. „Der klimapolitische Dialog mit China ist nicht einfacher geworden, aber er wird immer wichtiger. Denn wir haben nur noch wenig Zeit, um die globalen Emissionen drastisch zu reduzieren. Das ist ohne den weltgrößten Emittenten nicht zu schaffen. Daher ist es gut, dass mit dem Klima- und Transformationsdialog der Austausch auf eine höhere politische Ebene gehoben wird“, sagt Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch.
In unserem neuen Hintergrundpapier untersuchen Germanwatch und Climate & Company die zu erwartenden Berichts- und Sorgfaltspflichten des Finanzsektors in Bezug auf Nachhaltigkeit in einer Reihe von EU-Gesetzen. Das Briefing befasst sich insbesondere damit, inwiefern in den jeweiligen Regulierungsmaßnahmen die Risiken und negativen Umweltauswirkungen durch Entwaldung offengelegt werden müssen sowie diesbezügliche Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden. Alle Details können Sie in unserem englischsprachigen Hintergrundpapier nachlesen.
Die EU-Kommission verkündet den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen um eine Verordnung für entwaldungsfreie Produkte. Unternehmen müssen demnach schon bald nachweisen, dass für die Produktion gewisser Agrargüter und Holzprodukte kein Wald gerodet wird. Ein wichiger Schritt – doch das Gesetz hat auch Schwächen. Germanwatch legt eine erste Bewertung vor.
Germanwatch zieht ein insgesamt positives Fazit zu den Beschlüssen der G7-Klima-, Energie- und Umweltminister:innen. „Die G7 haben im Abschlusstext eine erfreulich klare Antwort auf die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise gegeben: Sie liegt im beschleunigten Zubau von Erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz“, sagt David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Andere Maßnahmen wie fossile Subventionen und Investitionen in Flüssigerdgas sollen demnach nur zeitlich begrenzt zum Einsatz kommen und müssen so gestaltet werden, dass sie Klimazielen nicht zuwiderlaufen.“
Frankreich will seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um die Nachhaltigkeit im weltweiten Agrarhandel zu stärken. Der EU-Agrarrat befasst sich in seiner Sitzung am Montag mit dieser Thematik. Frankreich bringt dabei sogenannte „Spiegelklauseln“ ins Gespräch, nach denen Agrarimporte in die EU mit denselben Standards erzeugt werden müssen, die für europäische Erzeuger gelten.
Alle 90 Sekunden verschwindet allein für EU-Importe wie Soja, Palmöl oder Kautschuk eine Waldfläche der Größe eines Fußballfeldes. Darauf hat das Bündnis Together4Forests heute mit einer Installation im Berliner Hans-Zoschke-Stadion hingewiesen. Die beteiligten Umweltorganisationen WWF Deutschland, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Germanwatch, ROBIN WOOD und OroVerde fordern die Bundesregierung auf, sich für ein wirksames EU-Gesetz zum Stopp der europäisch verantworteten globalen Naturzerstörung einzusetzen.