Die Optimierung der EZ

Weitblick Artikel

Die Optimierung der EZ

Die Globalisierung verlangt mehr als die Nabelschau der Institution

 

Entwicklungszusammenarbeit (EZ) stand schon immer im Zeichen der Großtrends, allerdings hat sie darauf nie eindeutig reagiert. So hat die Bundesregierung während der neoliberalen Phase einerseits die Mißachtung des Staates und der Zivilge-sellschaft durch Weltbank und IMF mitgetragen. Andererseits spielten die Förderung öffentlicher Institutionen und der Zivilgesellschaft weiterhin eine Hauptrolle in der bilateralen EZ. Aus heutiger Sicht war es weise, nicht das gesamte deutsche Instrumentarium auf eine Linie zu trimmen.
Heute ist jedem klar, daß selbst Teilphänomene von Entwicklung wie Korruption ohne einen breiten systemischen Ansatz nicht wirksam angegangen werden können. Der öffentliche Sektor und die Zivilgesellschaft geben (unter anderem) den Rahmen ab, in dem die Marktwirtschaft operiert. Es ist deshalb nötig, öffentlich zu vermitteln, daß die arbeitsteilige Struktur der deutschen EZ ein Vorteil ist. Statt dessen liest man immer wieder, daß im Zeitalter globaler Struk-turen und knapper Budgets das deutsche EZ-System konzeptionell und organisatorisch gestrafft und gebündelt werden müsse. Die arbeitsteiligen Strukturen absorbierten zu viel Energie für eine interne Optimierung. Dies ist die fragwürdige Hypothese, daß durch eine bessere Verbindung der deutschen Instrumente miteinander und durch die Konzentration der EZ eine größere Wirkung zu erzielen sei.
Nach unserer Ansicht kann dagegen in einer globalisierten Welt die EZ nur mehr Wirkung erzielen mit konsequent genutzter Arbeitsteilung. Das BMZ kann dabei seinen Vorteil nutzen, eines der wenigen auf Entwicklung spezialisierten Ministerien der Welt zu sein. Es sollte seine Ressourcen auf jene globalen,  regionalen und deutschen Themen und Foren konzentrieren, bei denen nur die politische und ministerielle Ebene Wirkung entfalten kann. Dabei könnte das BMZ z.B. in Washington, Brüssel, Genf und New York den Einfluß auf Prioritäten von Entwicklung bekommen, der durch bilaterale Regierungsverhandlungen und Koordinierung bzw. Steuerung im Vorfeld nicht zu erreichen ist.
Die Kompetenz und die Ressourcen der Vorfeldorganisationen sind da am wirksamsten, wo sie in einen Systemverbund mit anderen eigenverantwortlich handelnden Akteuren eingebracht werden. Die Beispiele dazu sind unter der Perspektive der Globalisierung ausgewählt, obwohl diese  siehe oben  keineswegs als einziges Auswahlkriterium empfohlen wird.
Auch die global players der Industrie, die für eine Zeit autarke Imperien aufzubauen schienen, beginnen zu verstehen, daß sie auf vielfältige öffentliche Institutionen angewiesen sind. Ebenso ergeben sich da, wo Infrastruktur und Versorgungsunternehmen privatisiert werden, neue, sogar anspruchsvollere Aufgaben für den öffentlichen Sektor, z.B. die Wettbewerbs und Monopolkontrolle. Die Industrie hat  keinerlei Erfahrung, hier in Entwicklungsländern selbst tätig zu werden. Die deutsche EZ kann dagegen ein breites Angebot für die Entwicklung öffentlicher Institutionen machen. Die Industrie müßte an einem Systemverbund interessiert sein und zur Lobby für die EZ werden, da das Fehlen kompetenter Organisationen zunehmend und mehr als alles andere die dem Kapitalismus innewohnende Dynamik begrenzt.
Good Governance
Inzwischen hat aber auch die internationale EZ, haben etwa Weltbank und EU, den Stellenwert funktionsfähiger Institutionen erkannt. Good governance wird von den Partnerländern gefordert, als sei diese dadurch herzustellen, daß man ihren Stellenwert verstanden hat. Die deutsche EZ hat Instrumente anzubieten, die in Partnerschaft mit großen Entwicklungs-Finanziers durchgreifende Veränderungen öffentlicher Strukturen möglich machen. Nachhaltig natürlich nur da, wo der politische Wille vorhanden ist. Doch das ist immer wieder der Fall, wenn nur Gelegenheiten dazu genutzt werden. Zur Zeit etwa - um nur die großen Länder zu nennen - in Nigeria, Indonesien, Argentinien; manche fügen Venezuela und (schon bald) Pakistan hinzu.
In vielen Ländern muß die Zivilgesellschaft die Voraussetzungen für solche politischen Umschichtungen schaffen. Auch im gesellschaftspolitischen Vorfeld von politischen Veränderungen hat die deutsche EZ Erfahrungen und Instrumente einzubringen. Die Wirkung auch dieser Instrumente könnte sich vervielfachen, wenn sie verstärkt im Systemverbund eingesetzt werden würden, also etwa als ordnungspolitische Weichenstellung von multilateral finanzierten Reformen und von neuen Arbeitsfeldern für den privaten Sektor.
Um mehr Wirkung vor Ort und damit auch in der deutschen Öffentlichkeit zu erzielen, sind vor allem folgende Veränderungen nötig:

  • mehr nach außen blicken als auf systemimmanente Optimierung
  • auf Chancen orientieren, statt in immer neuen Variationen auf Probleme fixiert bleiben
  • die Chancen beherzter nutzen, im Systemverbund den eigenen Beitrag relevanter zu machen

Unterstützt werden sollte dies durch flexiblere Instrumente, vor allem auch des Finanzierungsinstrumentariums des BMZ. Schon immer operiert EZ global; Globalisierung macht für sie die Welt auch über ihre traditionellen Partner hinaus zur Nachbarschaft.

Johanna von Braun / Hansjörg Elshorst
 

 

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