Pressemitteilung | 28.06.2022

Kraftvolles Signal zur Eindämmung der Klimakrise bleibt aus

G7-Gipfel: In der Klimapolitik dominiert Schadensbegrenzung / Enormes Potenzial neuer Initiativen – aber wichtige Finanzierungsfragen offen / Deutschland soll Vorreitergruppe bei Ernährungssicherheit anführen
Pressemitteilung

Bonn/Elmau (28. Juni 2022). Die G7-Staats- und Regierungschefs sind nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch beim Gipfel deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Nachdem die Fachminister:innen ihnen im Mai eine gute Vorlage für große Fortschritte unter anderem in der Klimapolitik erarbeitet hatten, ist das Ergebnis nun vor allem von Schadensbegrenzung geprägt. „Es ist sehr ärgerlich, dass das klimapolitische Aufbruchssignal, das bei diesem Gipfel möglich war, ausgeblieben ist“, bilanziert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Stattdessen musste vor allem klimapolitische Schadensbegrenzung betrieben werden.“ Auslöser war unter anderem der auch von Germanwatch stark kritisierte Vorstoß von Bundeskanzler Scholz, neue Gasfelder in Afrika und anderswo mit öffentlichen Geldern zu fördern.

Immerhin sei im Abschlusstext nun kein Freifahrtschein für Gasinvestitionen, sondern lediglich ein Prüfauftrag formuliert worden. Bals: „Formal hebelt die G7 durch die klare Bindung an das 1,5-Grad-Limit nicht die wichtigen Beschlüsse der Glasgower Klimakonferenz aus. Fraglich bleibt aber, ob Investitionen in Gas den Beschlüssen der Klimakonferenz nicht dennoch zuwiderlaufen. Wenn nun allerdings massiv beschleunigte Investitionen in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und nachhaltigen, grünen Wasserstoff vorangebracht werden, wäre die durch den Wegfall russischen Erdgases entstehende Lücke bis 2030 nur minimal. Angesichts der hohen Gaspreise darf kein Cent des Geldes für Entwicklungszusammenarbeit in die Gasförderung fließen.“

G7-Initiativen könnten globalen Emissionstrend verändern

Die G7 hat eine Vielzahl neuer Initiativen angestoßen, darunter sozial gerechte Energiewendepartnerschaften mit Indien, Indonesien, Vietnam und Senegal. „Insbesondere die Partnerschaft mit Indien hat das Potenzial, den Emissionstrend der Welt zu verändern. Sie soll Indien unter anderem darin unterstützen, bis 2030 die Hälfte seines Stroms mit Erneuerbaren Energien zu erzeugen“, so Bals. Ein 600 Milliarden US-Dollar starkes Investitionspaket bis 2027 für Entwicklungs- und Schwellenländer wurde zudem als Alternative zur chinesischen Seidenstraße platziert.

„Die G7 schüren mit diesen Initiativen hohe Erwartungen. Wenn sie klimaverträglich umgesetzt werden, haben sie das Potenzial, uns nah an einen 1,5-Grad-Pfad zu bringen“, lobt Bals. „Allerdings dürfen dann aber keine neuen fossilen Projekte finanziert werden. Entscheidend ist zudem die Finanzierungsfrage: wieviel Geld fließt tatsächlich und wie schnell fließt es?“

Auch beim angekündigten Marshallplan für die Ukraine bleiben noch wichtige Fragen offen. „Die USA wollen, dass Atomkraft und der Privatsektor im Zentrum des Marshallplans stehen. Die Bundesregierung muss bei der Umsetzung sicherstellen, dass Erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Zentrum stehen und nicht Privatisierungen den Oligarchen noch mehr Geld in die Taschen spülen“, betont Bals.

Deutschland in Führungsrolle bei Ernährungs- und Energiesicherheit

Deutschland übernimmt mit der Leitung der Global Crisis Response Group on Food, Energy, and Finance sowie des Globalen Bündnisses für Ernährungssicherheit eine entscheidende Doppel-Führungsrolle in der Krisenbewältigung. Zwar haben die G7 leider keinen Konsens dazu erzielt, einen Teil des Getreides, das bislang für Biokraftstoff und Tierfutter eingesetzt wird, für die Umsetzung des Rechts auf Nahrung zu verwenden. Aber: „Die Bundesregierung hat in den nächsten Wochen und Monaten eine zentrale Rolle bei der Koordination von Lösungen für die Ernährungskrise. Kurzfristig sollte sie mit einer Gruppe der Willigen dafür sorgen, dass ausreichend Getreide auf dem Teller statt im Tank oder im Futtertrog landet. Dies würde zu Preissenkungen und mehr Vertrauen in Entwicklungsländern führen“, so Bals. „Putins Behauptung, dass der Westen mit seinen Sanktionen an der Weizenkrise schuld sei, würde so vor aller Augen widerlegt.“ Die US-Regierung werde man dafür zumindest bis zu den US-Zwischenwahlen im Herbst aber wohl nicht gewinnen können.