Sevilla (4. Juli 2025): Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch bewertet die in der vergangenen Nacht beendete 4. Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) als ambitionierten Startpunkt für notwendige Systemreformen in der globalen Entwicklungsfinanzierung. Die Verabschiedung des „Compromiso de Sevilla“ sowie die Einrichtung der „Sevilla Platform for Action“ zeigen einen multilateralen Konsens trotz schwierigem geopolitischen Umfeld. Die Bewährungsprobe aber wird nun sein, ob die zügige und konkrete Umsetzung gelingt. „Alle Staaten außer den USA haben in Sevilla gemeinsam in turbulenten Zeiten auf globale Kooperation gesetzt. Die Notwendigkeit, auf drängende Herausforderungen wie Überschuldung, Steuerungerechtigkeit sowie fehlende Klimafinanzierung zu reagieren, wurde klar benannt. Entscheidend wird nun sein, dass daraus zügig echte politische Reformschritte folgen“, sagt Christian Gröber, Referent für internationale Finanzarchitektur bei Germanwatch.
Symbolik reicht nicht – Entschuldung muss konkret werden
Positiv zu bewerten ist, dass das Abschlussdokument auf Schuldenumwandlungen und klimaresiliente Schuldenerleichterungen verweist. Die eigentlich notwendige und von vielen Ländern geforderte Einleitung eines Prozesses der Vereinten Nationen zur Schuldenrestrukturierung blieb jedoch aus. Stattdessen hat man sich nur auf die unverbindliche Erarbeitung von Empfehlungen geeinigt. „Die Herausforderungen nur zu benennen, vertagt die Schuldenfrage nur– es löst sie nicht“, warnt Gröber. „Ein multilaterales Rahmenwerk wäre der entscheidende Schritt, um systemische Schuldenrisiken im Zusammenhang mit Klimarisiken anzugehen. Deutschland muss jetzt im Rahmen der neu geschaffenen Sevilla Aktionsplattform mithelfen, Allianzen aufbauen, um Schuldenerleichterungen voranzutreiben – insbesondere im Umgang mit privaten Gläubigern.“
Steuern: UN-Rahmenabkommen als Meilenstein
Positiv hebt Germanwatch hingegen die breite Zustimmung zur UN-Steuerkonvention hervor. „Das ist ein echter Durchbruch“, sagt Nouhaila Zaki, Referentin für internationale Besteuerung zur Klimafinanzierung bei Germanwatch. „Jahrzehnte an Verhandlungserfahrung in den UN-Umweltkonventionen können wertvolle Impulse für die im August beginnenden Verhandlungen zur UN-Steuerkonvention liefern, damit diese zügig Erfolge erzielen kann. Steuergerechtigkeit und das Erreichen der globalen Klimaziele sind eng verzahnt. Es ist wichtig, dass diese Aspekte in den Verhandlungen Hand in Hand gehen.“
Initiativ bringen bereits einige Länder die Steuer- und Klimaschutzagenda zusammen. So planen unter anderem Frankreich, Kenia und Spanien die Einführung von Solidaritätsabgaben auf besonders klimaschädliche Sektoren wie die Luftfahrt oder fossile Energiegewinnung. Allerdings konnten sich nicht alle Länder gemeinsam darauf einigen, die Einführung solcher Abgaben auch im Abschlusstext zu verankern. Zaki: „Deutschland sollte die Impulse der voranschreitenden Länder für Solidaritätsabgaben bis zur COP30 aktiv aufgreifen und sich für effektive und sozial gerechte Instrumente einsetzen. Sinnvoll sind etwa Abgaben auf Premiumtickets in der Luftfahrt oder auf übermäßige Vermögen.“ Germanwatch begrüßt zudem, dass Deutschland seine Unterstützung zur „Addis Tax Initiative“ (ATI) bestätigt hat – dabei sollen insbesondere steuerliche Maßnahmen gefördert werden, die dem Klima- und Naturschutz sowie einer sozialgerechten Transformation dienen.
Klimafinanzierung: Gute Absicht trifft auf Finanzierungslücke
Das Abschlussdokument unterstreicht die Notwendigkeit zusätzlicher und vorhersehbarer öffentlicher Mittel, insbesondere für Klimaanpassung und den Umgang mit Schäden und Verlusten. Neue Zusagen, die diese Notwendigkeit beantwortet hätten, vermieden die Länder jedoch. „Die Staaten haben die Klimafinanzierungslücke anerkannt – aber wenn den verheißungsvollen Worten keine Taten folgen, wird viel Vertrauen zerstört, dass eigentlich aufgebaut werden soll“, kommentiert Gröber. „Deutschland muss jetzt mit gutem Beispiel vorangehen: durch die Erfüllung seines 6-Milliarden-Euro-Versprechens für internationale Klimafinanzierung und durch einen aktiven Beitrag zu einer gerechteren internationalen Finanzarchitektur. Es sollte den Weg frei machen für die Weiterleitung von Sonderziehungsrechten an multilaterale Entwicklungsbanken. Angesichts des Wegbrechens der US-Regierung müssen Deutschland und die EU nun zeigen, dass sie die neue Weltordnung mitgestalten wollen. Die Sevilla-Aktions-Plattform bietet eine gute Möglichkeit, diese Ambitionen nachzuschärfen.“
Aufbruchsstimmung für nachhaltigere Finanzordnung
Germanwatch zur Entwicklungsfinanzierungs-Konferenz in Sevilla: Nun ist konsequente Umsetzung der Konferenzergebnisse nötig – Steuern gerechter, Schulden tragfähiger, Klimafinanzierung verlässlicher gestalten