Brüssel/Berlin (5. Nov. 2025). Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht in dem Kompromissergebnis des EU-Umweltrates zum 2035- und 2040-Klimaziel ein sehr schwaches Signal vor dem anstehenden Klimagipfel in Belém. „Das Klimaziel für 2040 ist unzureichend und hat zudem viel zu große Schlupflöcher bekommen, das Zwischenziel für 2035 wäre nur im oberen Bereich des genannten Korridors akzeptabel. Die bevorstehende Weltklimakonferenz braucht dringend eine starke Klimaschutz-Rolle der EU – aber dies ist kein gutes Signal“, kritisiert Christoph Bals, Politik-Vorstand von Germanwatch.
„Fürs Klima ist das eine Verhandlungsniederlage, auch wenn sich Umweltminister Carsten Schneider mit Verve für ein besseres Ergebnis eingesetzt hat. Geschwächt war Schneiders Verhandlungsposition durch das uneinheitliche Bild der Bundesregierung im Vorfeld. Energieministerin Katherina Reiche hat den Einsatz für ein glaubwürdiges 2035-Ziel abgebremst“, so Bals.
Die EU hat das notwendige 90-Prozent-Ziel mit zu großen Ausnahmen für 2040 mit Mehrheitsbeschluss durchsetzen können. Durch den Druck insbesondere Frankreichs, Italiens und Polens wurde das bereits vorher absehbare Schlupfloch von 3 Prozent internationaler Emissionsgutschriften noch auf 5 Prozent vergrößert. Das heißt, bis zu 5 Prozent der Emissionsminderung muss gar nicht in der EU stattfinden. Auch sind die im deutschen Koalitionsvertrag versprochenen Qualitätskriterien für diese internationalen Gutschriften noch nicht gesichert. „Dieses Schlupfloch mit den Gutschriften aus dem Ausland droht die Integrität der EU-Klimapolitik zu untergraben und schwächt letztlich auch die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft“, so Bals weiter.
Unzureichende Zielspanne für 2035-Ziel
Petter Lydén, Leiter des Bereichs Internationale Klimapolitik bei Germanwatch, kommentiert den Beschluss zum Klimaziel 2035: „Die EU bestätigt nur die unzureichende Zielspanne von 66,25 bis 72,5 Prozent für 2035. Das ist enttäuschend und zu wenig, um beim Klimagipfel in Belém Eindruck zu machen; zumal weitere Abschwächungen im Beschluss Zweifel daran wecken, dass die EU das obere Ende dieser Spanne erreichen kann. Leider schiebt der EU-Umweltrat die immer dringlichere Klimapolitik damit auf die lange Bank. Anstatt mit einem soliden Klimaziel andere Länder mit hohen Emissionen zu ermutigen, ebenfalls ihren Beitrag zu leisten, reiht sich die EU ein in die lange Reihe von Staaten mit mäßigen bis schwachen oder unklaren Klimazielen.“
Charly Heberer, Referent für EU-Klimapolitik bei Germanwatch: „Im Kleingedruckten des Ratsbeschlusses finden sich mehrere große Schlupflöcher. Wenn das Gesetz so beschlossen würde, droht uns ein Schweizer Käse bei der Klima-Architektur. Vor allem die anvisierte Verschiebung des neuen Emissionshandels um ein Jahr sowie die mögliche Abschwächung des jetzt beschlossenen Ziels bei künftigen Überprüfungen ist schmerzhaft. Die Mitgliedstaaten wollen insbesondere eine Klausel aufnehmen, dass sie die Ziele für natürliche Kohlenstoffsenken nicht erreichen müssen. Dabei haben sie es selbst in der Hand, beim Schutz von Wäldern, Mooren und Grünland nachzubessern. Zudem könnten sie bei der Überprüfung die Möglichkeit erhalten, noch zusätzliche internationale Zertifikate zum Erreichen ihrer Ziele zu kaufen und Klimaschutz damit weiter auszulagern. Das sollte das Europäische Parlament in den anstehenden Verhandlungen dringend ausbügeln.“
Mutlos und mit Schlupflöchern: EU setzt doppelt schwache Klimaziele
Sehr schwacher Kompromiss nach langem Tauziehen: Germanwatch kritisiert Klima-Ergebnisse der EU