Noch vor einem Jahrzehnt machten Geschäftsreisen rund ein Drittel des deutschen Flugverkehrs aus – 2024 waren es laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen nur noch 20%. Bei innerdeutschen Flügen und im Premiumsegment ist der Anteil jedoch weiterhin deutlich höher. Seit der Covid-Krise sind Geschäftsreisen – insbesondere Geschäftsflüge – deutlich zurückgegangen. Trotz dieser Entwicklungen bestehen weiterhin erhebliche Potenziale, Geschäftsreisen weiter zu reduzieren oder klimafreundlich zu verlagern.
Neue Daten zu Emissionen aus Geschäftsreisen deutscher Unternehmen
Neue Erkenntnisse liefert eine aktuelle Auswertung unserer Partnerorganisation Transport & Environment (T&E) zu den Geschäftsreise-Emissionen ausgewählter deutscher Unternehmen.
Das Fazit dieser Analyse: Die Reduktion von Emissionen aus Geschäftsreisen wird zunehmend zur etablierten Geschäftspraxis – und die erzielten Klimaschutzleistungen sind teilweise beachtlich. Vorreiterunternehmen wie Allianz und SAP konnten über die Hälfte ihrer Reise-Emissionen im Vergleich zu 2019 einsparen: Bei SAP waren es 60% und bei Allianz sogar 70% (siehe Tabelle).
Die Analyse zeigt deutlich: Unternehmen, die sich konkrete und spezifische Reduktionsziele für Reise-Emissionen setzen, erzielen größere Fortschritte. Diese Erkenntnis bestätigte auch das Travel Smart Ranking von T&E im April.
Dennoch bleibt Luft nach oben. Alle untersuchten Unternehmen verfügen noch über Verbesserungspotenziale: durch die Festlegung konkreter und verbindlicher Einsparziele, die volle Berücksichtigung von Nicht-CO2-Effekten und bei den Unternehmen mit bislang geringen Reduktionserfolgen die gezielte Orientierung an den Vorreitern der Branche.
Warum Unternehmen ihre Geschäftsreisen neu denken
Gespräche mit Unternehmen sowie Analysen von T&E und Geschäftsreiseanbietern zeigen: Der deutliche Rückgang von Geschäftsreisen und Geschäftsflügen geschieht nicht zufällig, sondern ist Ergebnis gezielter Unternehmensentscheidungen.
Gründe dafür gibt es viele:
- Effizienzsteigerung: Geschäftsabläufe werden zunehmend digital und zeitlich effizienter gestaltet
- Mitarbeiterbindung: Weniger Dienstreisen fördern Familienfreundlichkeit.
- Kostenersparnis: Reduzierte Reiseaktivität senkt sowohl direkte Kosten (Reisekosten) als auch indirekte Ausgaben (Arbeitszeit).
- Klimaverantwortung: Unternehmen übernehmen Verantwortung für ihre Klimawirkung, zunehmend auch aufgrund rechtlicher Vorgaben, etwa durch die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Sowohl die Verkehrswirtschaft als auch die Politik müssen sich darauf einstellen. Entscheidend ist dabei, dass verlässliche und kundenfreundliche Zugverbindungen innerhalb Deutschlands und Europas gewährleistet werden – ein Anliegen, das inzwischen von einem breiten Bündnis gefordert wird. Geschäftsreisende äußern sich mittlerweile zu tiefen Bahnthemen wie Infrastrukturinvestitionen und Schienenmaut. Denn: Umfragen unter Geschäftsreisenden zeigen, dass viele grundsätzlich die Bahn bevorzugen, jedoch von Verspätungen, schlechten Verbindungen, Ausfällen, Überfüllung und hohen Preise abgeschreckt sind.
Handlungsempfehlungen von Germanwatch für Unternehmen und Geschäftsreisende
- Klare Zielsetzungen und Transparenz:
Konkrete, ambitionierte Reduktionsziele für Reise-Emissionen festlegen, im innerbetrieblichen Management und Controlling verankern und transparent berichten.
- Berücksichtigung aller Klimaeffekte in der Bilanz:
Innerhalb dieser Ziele, ihres Monitorings und der Berichterstattung die Nicht-CO2-Effekte berücksichtigen, die die Klimawirkung des Flugverkehrs im Vergleich zu einer reinen CO2-Betrachtung verdreifachen.
- Anpassung unternehmensinterner Reiserichtlinien:
Flügen unterhalb einer festgelegten Reiselänge ausschließen (nach km oder Stunden; Unternehmens-Bahncard anbieten; längere Dienstreisen ermöglichen und vergüten, um z.B. auf Nachtzüge oder Hotel-Übernachtungen zurückzugreifen.
- Incentivierung durch Geschäftsreiseanbieter:
Emissionsdaten in Buchungsplattformen integrieren und Reduktionsoptionen in ihren Produkten aktiv anbieten.
- Rolle der Unternehmen als Großkunden von Fluggesellschaften und Stimme der Wirtschaft:
Nachfrage nach klimaneutralen sowie Schwefel- und Aromaten-bereinigten Kraftstoffen bei Fluggesellschaft stellen; öffentlich für die klimaneutrale Schiene und Verbesserungen bei der Schiene Position beziehen.
- Grundsätze für sog. Kompensationen:
Vermeiden vor Kompensieren; volle Berücksichtigung der Nicht-CO2-Effekte; keine Kompensationen über Waldprojekte; durch Kompensationszahlungen finanzierte Projekte müssen sozialen und ökonomischen Mehrwert schaffen, nachhaltig sein und gemeinsam mit lokalen Akteuren entwickelt werden.
FAZIT
Geschäftsreisen – und besonders Geschäftsflüge – bieten ein großes Potenzial, sowohl das Klima zu schützen als auch Kosten zu sparen. Bei vielen großen Unternehmen und im Durchschnitt aller Firmen ist bereits ein klarer Trend zu weniger Geschäftsreisen erkennbar. Dennoch schöpfen viele Unternehmen das mögliche Reduktions- und Verlagerungspotenzial noch nicht aus. Dabei sind die Maßnahmen, um nachhaltiges Reisen als festen Bestandteil verantwortungsvoller Unternehmenspraxis zu etablieren, längst bekannt. Gefragt ist nicht zuletzt auch die Politik: Durch gezielte gesetzgeberische Rahmenbedingungen und besonders durch die Stärkung des Bahnverkehrs können Geschäftsreisen schneller klimaneutral werden.