Billionen umlenken, um den Klimawandel zu bewältigen

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Billionen umlenken, um den Klimawandel zu bewältigen

Die Vermeidung eines Klimawandels mit unbewältigbaren Folgen und die Bewältigung der bereits jetzt nicht mehr vermeidbaren Folgen kosten Geld. Das ist gut investiert, denn es vermeidet viel höhere Folgekosten und schafft neue wirtschaftliche Chancen. Insbesondere die ärmsten Länder brauchen für diese Investitionen aber die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Die Industrieländer haben 2009 beim Klimagipfel in Kopenhagen zugesagt, Finanzmittel dafür aus öffentlichen und priva- ten Quellen zu mobilisieren, die ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar erreichen sollen. Nur mit verlässlicher internationaler Klimafinanzierung kann das Pariser Klimaabkommen zum Erfolg werden, denn sie war wichtiger Teil der Einigung: Erstmals verpflichten sich auch Entwicklungsländer international zu Klimaschutzmaßnahmen – im Gegenzug erhalten sie die Zusicherung, dass die Industrieländer die dafür notwendige technologische und finanzielle Unterstützung organisieren. Durch den angekündigten Ausstieg der USA aus dem Abkommen wächst aber die Unsicherheit, dass die Finanzierungszusagen eingehalten werden.

Der Grüne Klimafonds ist der wichtigste multilaterale Fonds für die Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern. Die US-Regierung hatte ursprünglich 3 Milliarden US-Dollar zugesagt, von denen 2 Milliarden fehlen, da Donald Trump jegliche Unterstützung aufgekündigt hat. Dennoch und trotz einiger Startschwierigkeiten ist der Fonds eine Erfolgsgeschichte: Seit 2015 hat er 93 Projekte im Gesamtwert von 4,6 Milliarden US-Dollar bewilligt – für transformativen Klimaschutz und Resilienz. Doch nun braucht der Fonds frisches Geld. Die Industrieländer, die weiterhin zum Pariser Abkommen stehen, müssen jetzt zeigen, dass die von den USA gerissene Lücke geschlossen werden kann. Auch Deutschland sollte in Katowice signalisieren, dass es bei einer ambitionierten Wiederauffüllung dabei wäre und seinen Beitrag gegenüber der Erstauffüllung auf 1,5 Milliarden Euro verdoppeln würde.

Neben dem Grünen Klimafonds spielen weitere spezialisierte Fonds eine Rolle. Beim Anpassungsfonds oder dem Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC Fund) können verhältnismäßig kleine Beiträge einen großen Unterschied machen und werden zur COP 24 erwartet. Der Klimagipfel muss außerdem Beschlüsse fassen, um den Anpassungsfonds, der unter dem Kyoto-Protokoll gegründet wurde, in das Pariser Abkommen zu integrieren.

Beim Klimagipfel sollen auch Regeln vereinbart werden, die besser definieren, was als Klimafinanzierung gilt, und zweifelhafte Anrechnungstricks ausschließen. Schon in Paris wurde im Grundsatz vereinbart, dass Industrieländer einerseits in einer Vorausschau angeben, wieviel Klimafinanzierung sie in den kommenden Jahren planen, zur Verfügung zu stellen, und andererseits im Nachhinein nach einheitlichen Regeln darüber berichten, was tatsächlich geflossen ist. Konkrete Umsetzungsregeln würden künftigen Streit darüber, was zählt und ob die 100 Milliarden US-Dollar erreicht wurden, entschärfen. Vor allem aber wäre es ein entscheidender Schritt zu mehr Verlässlichkeit – und würde ambitionierte Klimapolitik in vielen Entwicklungsländern ermöglichen.

Die klassische internationale Klimafinanzierung – aus öffentlichen Haushalten der Industrieländer für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern – ist von zentraler Bedeutung. Aber für die Finanzierung des notwendigen Umbaus der Volkswirtschaften weltweit müssen auch andere Finanzflüsse in den Blick genommen werden. Der Artikel 2.1c des Paris- Abkommens formuliert die Verpflichtung, alle Finanzflüsse klimagerecht auszurichten. Hier geht es um das Umlenken von mehreren Billionen. Beispielsweise sollten sich alle zukünftigen Investitionen in Infrastruktur sowohl von öffentlichen Entwicklungsbanken wie von privaten Investoren an den Zielen des Pariser Abkommens ausrichten. Die Staaten müssen entsprechende Anreize setzen und endlich aufhören, fossile Brennstoffe zu subventionieren.

Die Umsetzung des Artikels 2.1c ist eine Aufgabe für jedes Land, auch für Deutschland. Das Klimaschutzgesetz, das die Bundesregierung 2019 verabschieden will, muss Maßnahmen enthalten, die Finanzströme in eine klimafreundliche Richtung lenken. Geldanlagen der öffentlichen Hand und die Investitionen öffentlicher Banken haben eine Vorbildwirkung und sollten strengen Klimakriterien genügen. Unternehmen und Investoren sollten verpflichtet werden, Klimarisiken offenzulegen. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie in einem Klima-Stresstest zeigen müssten, was die Umsetzung des Ausstiegs aus Kohle, Öl und Gas bis 2050 und ein höherer CO2-Preis, der sich an den Anforderungen des Pariser Klimaabkommens orientiert, für ihr Geschäftsmodell bedeuten.
 

Lutz Weischer