Genese und Scheitern des deutschen CCS-Gesetzgebungs­ verfahrens (2008-2009)

Das Thema CCS (‚CO2 Capture and Storage’: CO2-Abtrennung und -Speicherung), über das Germanwatch erstmals im April 2004 ein ausführliches Diskussionspapier erstellt hat (vgl. www.germanwatch.org/rio/ccs04.htm), ist in Deutschland vor allem im Zusammenhang mit dem Thema Kohle und Kohleverstromung, also mit der hochpolitischen Frage nach der Zukunft der Kohle, verknüpft. In weniger kontroversen Diskussionen unter  Klimaschützern im Kontext der 2-Grad-Erwärmungsbegrenzung hat CCS vor allem eine Rolle bei der Minderung von industriellen Prozessemissionen (etwa aus den Bereichen Zement- und Düngemittelherstellung oder Stahlproduktion) sowie langfristig mit der Möglichkeit, durch die mit CCS kombinierte Biomasseverbrennung ‚negative Emissionen’ zur Geltung zu bringen, das heißt CO2 der Atmosphäre zu entziehen. International hat der CCS-Sonderbericht des Weltklimarats IPCC von 2005 eine erste wegweisende Bewertung zur Beurteilung dieser Technologie formuliert. Und von vielen
politischen Seiten wird ihre Entwicklung als notwendige Voraussetzung dafür gesehen, weltweit die Erwärmung auf unter zwei Grad gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen. Dementsprechend wurde innerhalb der Europäischen Union Druck aufgebaut, um im Bereich CCS-Technologieentwicklung und -Anwendung voranzukommen. Dies resultierte in der Ende 2008 verabschiedeten CCS-Richtlinie der EU. Sie muss von den Mitgliedsstaaten bis Juni 2011 in nationale Gesetze umgesetzt werden. Die deutsche Bundesregierung, welche die Wahl im September 2009 vor Augen hatte, wollte das deutsche CCS-Gesetz noch in der zu Ende gehenden Wahlperiode verabschieden. Dies führte dazu, dass der  Gesetzgebungsprozess im Jahr 2009 unter beträchtlichem Zeitdruck vorangetrieben wurde. Die von Regierungsseite anfänglich positive Bewertung schwenkte in Schleswig-Holstein im Frühjahr 2009 allerdings um. Die Akzeptanz war vor Ort, wo konkrete CCS-Anlagen errichtet werden sollten, rapide gesunken. Doch auch durch Entwicklungen im Ausland ernüchterte sich die Wahrnehmung zur Umsetzung von CCS. Selbst in Norwegen, das weltweit eine Führungsrolle hinsichtlich der Entwicklung und Umsetzung von CCS-Techniken einnimmt, verzögern sich lange angekündigte CCS-Vorhaben. So gab der norwegische Öl- und Industrieminister Anfang Mai 2010 bekannt, dass die CCS-Anlage in Mongstad (ein Gas-Kraftwerk) – vor allem aus finanziellen Gründen - erneut um mehrere Jahre verschoben würde. Hinzu kam für die Beurteilung in Deutschland, dass der Sachverhalt, inwiefern das Stromnetz mit bestehenden CCS-Kraftwerken mit einem Ausbau in Richtung 100 % Erneuerbaren kompatibel ist, einer erneuten Abwägung unterzogen wurde.Die NRO-Position zu CCS ist fernab von einheitlich, weshalb es sich anbot, einen internen Stakeholder-Workshop mit NRO-Vertretern zu organisieren, um  die gemeinsamen und unterschiedlichen Sichtweisen zu Thema CCS zu erörtern. Für diesen Workshop wurde dieses vorbereitende Hintergrundpapier erstellt, das die Genese und das Scheitern des deutschen CCS-Gesetzgebungsverfahrens nachzeichnet.

Manfred Treber, Germanwatch

Autor:innen
Ines Heisterkamp
Publikationsdatum
Seitenanzahl
24
Bestellnummer
10-2-18
Schutzgebühr
5.00 EUR

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