Grün und global gerecht?

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Grün und global gerecht?

Klimafreundliche Tierhaltung würde viele Probleme lösen
Bauer neben Kuh

Foto: Fred Dott

Die EU hat sich für die Reform ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hehre Ziele gesetzt. „Grüner und gerechter“ soll sie werden, sagt zumindest EU-Agrarkommissar Cioloş. Dabei betont er, dass die Landwirtschaft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss. Und der EU-Vertrag schreibt schon seit 1992 vor, dass alle Politikfelder mit den entwicklungspolitischen Zielen der EU kohärent sein müssen. In drei neuen Studien hat Germanwatch untersucht, wie sich die deutsche und europäische Landwirtschaft und Agrarpolitik derzeit auf Klimaschutz und Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern auswirkt.

Subventionierte Exporte verdrängen afrikanische Kleinbauern

Die im Auftrag von MISEREOR erstellte Studie „Wer ernährt die Welt“ betrachtet vor allem die Rolle der EU im Agrarhandel mit Afrika südlich der Sahara. Dabei wird deutlich, dass die GAP die Situation der Kleinbauern vor allem in Westafrika stark und überwiegend negativ beeinflusst hat. Sie stand und steht dabei in einer engen Wechselbeziehung mit einer verfehlten Agrarpolitik in vielen afrikanischen Ländern. Die Agrarpolitik Europas hat seit den frühen 1980er Jahren dazu geführt, dass die EU bei wichtigen Nahrungsmitteln wie Getreide, Fleisch und Milchprodukten zu einem der größten Exporteure wurde. Im selben Zeitraum begannen die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel drastisch zu sinken – während die Nahrungsimporte der afrikanischen Länder deutlich anstiegen. Besonders deutlich ist dieser Effekt bei den Produkten, deren Export die EU besonders gesteigert hat. Afrika, vor allem Nord- und Westafrika, gehören auch zu den wichtigsten Exportmärkten der EU für Milchpulver.

Die subventionierten Exporte der EU haben dazu beigetragen, afrikanische Bauern von ihren Märkten zu verdrängen sowie öffentliche und private Investitionen in den Sektor zu erschweren. In der Krise der Agrarpreise konnten die Bauern die Produktion daher nicht kurzfristig steigern, so dass es zu mehr Hunger kam. Die EU will gleichwohl ihre Fleisch- und Milchexporte weiter steigern. Die Kommission sieht darin sogar einen Beitrag zur Welternährung. Dabei ignoriert sie nicht nur die negativen Auswirkungen auf afrikanische Märkte, sondern auch die Tatsache, dass die
EU nur deshalb so viel Fleisch- und Milchprodukte produzieren und exportieren kann, weil sie in immer größerem Umfang Futtermittel – vor allem Sojaschrot – importiert.

Futterimporte heizen das Klima an

Mit den Umwelt- und vor allem Klimaauswirkungen dieser Importe beschäftigt sich die zusammen mit dem Forum Umwelt und Entwicklung erstellte Studie „Saumagen und Regenwald“. Nach unseren Schätzungen werden allein für die deutschen Sojaschrotimporte fast drei Millionen Hektar Ackerland genutzt, ganz überwiegend in Lateinamerika. Die Anbauflächen dort haben sich seit den 1980er Jahren mehr als verdoppelt – meist auf Kosten des Regenwaldes und ökologisch wertvoller Savannengebiete.

Der Druck auf die verbliebenen natürlichen Landflächen erhöht sich ständig, da auch die Nachfrage nach Sojaschrot aus der EU und anderen Teilen der Welt weiter ansteigt. Wir gehen davon aus, dass bei Produktion und Transport des Sojaschrots für den deutschen Markt – einschließlich der Flächennutzungsänderung – in den letzten zehn Jahren durchschnittlich etwa 18 Millionen Tonnen CO2 jährlich emittiert wurden. Das entspricht fast einem Fünftel der gesamten deutschen Emissionen aus Landwirtschaft und Landnutzungsänderung. Eine Schlussfolgerung der Studie ist daher, Sojaschrotimporte zu reduzieren und Soja nur noch aus Ländern zu beziehen, die effektive Maßnahmen zum Schutz ökologisch wertvoller Flächen ergreifen und die Umwandlung in Ackerflächen insgesamt begrenzen.

Klimafreundliche Tierhaltung fördern

Die Kernbotschaft der Studie „Klimaschützer auf der Weide“ ist, dass Tierhaltung nicht per se (sehr) klimaschädlich sein muss. Entscheidend ist, wie die Tiere gehalten und gefüttert werden. Gut gemanagtes Weideland kann Kohlenstoff in Humus und Wurzeln speichern. Durch Gras als wichtigstes Futter können zudem die Sojaimporte deutlich reduziert werden. Im Reformprozess der GAP sollten daher Grasland konsequent geschützt und Anreize für eine nachhaltige Weidehaltung gegeben werden. Eine klimafreundliche Fleisch- und Milcherzeugung in der EU wird darüber hinaus eine deutlich verringerte Produktion zur Folge haben und damit das Exportpotenzial reduzieren. Das würde einen großen Teil der Probleme lösen, die nach wie vor durch EU-Agrarexporte verursacht werden.

Tobias Reichert