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Papst Leo XIV.

Schulden restrukturieren, Klima schützen

In vielen Ländern des Globalen Südens dominiert die Schuldenlast die öffentlichen Haushalte und verhindert Investitionen zugunsten der Klimaresilienz. Anlässlich des 10. Jubiläums von Papst Franziskus‘ „Laudato si‘“ analysieren wir in diesem Blogbeitrag, wie eng Klimakrise und Schuldenkrise miteinander verknüpft sind und warum die Bundesregierung gerade jetzt, vor der 4. UN-Entwicklungsfinanzierungskonferenz (FfD4), ihre Verantwortung in der Umgestaltung der internationalen Finanzarchitektur wahrnehmen muss.

Am 24. Mai 2025 jährt sich die Veröffentlichung der wegweisenden Umwelt- und Sozialenzyklika von Papst Franziskus zum zehnten Mal. Dabei hat Papst Leo XIV., wenige Wochen nach seiner Wahl, die Möglichkeit, das Vermächtnis von Papst Franziskus fortzuschreiben und die moralische und politische Verantwortung reicher Staaten, insbesondere mit Blick auf die Schulden- und Klimakrise, ins Zentrum zu rücken. Im Kern des Events wird „Laudato si‘“ der Appell stehen, die globale Schuldenordnung grundlegend zu reformieren und einen Schuldenerlass für besonders armutsbetroffene und klimavulnerable Länder zu ermöglichen. 

Die Jubiläumsrede des neuen Papstes fällt in eine bedeutende Zeit: Nur wenige Wochen später steht mit der vierten Entwicklungsfinanzierungskonferenz (FfD4) der Vereinten Nationen eine der wichtigsten Weichenstellungen des Jahrzehnts bevor. Diese Konferenz, die das letzte Mal vor zehn Jahren stattfand, hat das Ziel, Wege zur Finanzierung der globalen Nachhaltigkeitsziele zu definieren, darunter auch den Umgang mit der globalen Schuldenkrise.

Die Initiative „Erlassjahr 2025“ und die Jubilee-Kommission

Die internationale Kampagne „Erlassjahr 2025“ knüpft an die historische und religiöse Tradition von Schuldenerlass an, überträgt sie aber auf den heutigen Kontext. Getragen wird sie von über 600 zivilgesellschaftlichen Organisationen weltweit – darunter auch Germanwatch. Das Bündnis ruft zu einem unabhängigen und fairen Verfahren zur Schuldenrestrukturierung auf, zu verbindlichen Regeln für den Umgang mit privaten Gläubigern sowie zu mehr Transparenz aufseiten der Schuldner und Gläubiger.

Warum braucht es diese Reformen? Weil die bestehenden Mechanismen oft wenig transparent und in ihrer Wirkung unzureichend sind. Private Gläubiger, die einen großen Teil der Schulden vieler Länder halten, verweigern häufig jede Beteiligung an Umschuldungsverfahren. Gleichzeitig zögern viele betroffene Länder, ihre Schuldenlage offen zu thematisieren, da sie Nachteile auf den Kapitalmärkten fürchten. 

Die Ökonomen und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und Martín Guzmán, die im Auftrag des Vatikans die sogenannte „Jubilee-Kommission“ leiten, werden in Kürze Empfehlungen für diese Reform veröffentlichen. Ihr Ziel ist eine Schuldenarchitektur, die Klima- und Entwicklungsziele integriert und Ländern wieder Handlungsspielraum zurückgibt.

Wenn Schulden den Kampf gegen den Klimawandel blockieren

Im Globalen Süden drückt die Schuldenlast auf die öffentlichen Haushalte. In Ländern wie Mosambik übersteigt der Schuldendienst die Ausgaben für Gesundheit und Bildung. Pakistan war nach den Überschwemmungen in 2022 gezwungen, trotz humanitärer Notlage seine Schulden zu bedienen statt alle verfügbaren Ressourcen in die Milderung der Auswirkung des Extremwetterereignisses stecken zu können. Solche Zwänge untergraben die Resilienz ganzer Gesellschaften.

Diese strukturelle Zwangslage zeigt, wie eng die Klimakrise mit der Schuldenkrise verknüpft ist. Während Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürreperioden zunehmen, binden hohe Schuldendienste staatliche Gelder, die dringend für Klimaanpassung und Katastrophenvorsorge benötigt würden. Neue Kredite sind oftmals besonders teuer, da die Anfälligkeit der Länder gegenüber Klimarisiken von Ratingagenturen und Investoren als wachsendes Ausfallrisiko bewertet wird. Private Investoren verlangen daher zunehmend höhere Risikoaufschläge, was die Finanzierungskosten zusätzlich in die Höhe treibt. Die Folge ist ein Teufelskreis aus Klimarisiken, Verschuldung und fehlender Handlungsfähigkeit.

Dazu kommt, dass 51% der Klimafinanzierung in Afrika in Form von Krediten zur Verfügung gestellt wird. Demnach verschulden sich Staaten zusätzlich, um in Resilienz und Klimaschutz investieren zu können. Diese Schieflage gefährdet nicht nur die Klimaziele, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität vieler Staaten.

Viele Stimmen – eine Richtung? Die aktuelle Reformvorschläge im Überblick

Die Arbeit der Jubilee-Kommission fällt in eine Phase zunehmender Aufmerksamkeit für den Zusammenhang zwischen Schulden und Klima. Vor wenigen Wochen veröffentlichte eine von Deutschland mit unterstützte Expert:innenkommission im Rahmen der Frühjahrstagungen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) ihren Bericht. Das Fazit: Schulden-, Klima- und Biodiversitätskrisen müssen gemeinsam betrachtet und gelöst werden. Klimarisiken seien heute reale Schuldenrisiken.

Auch die internationalen Finanzinstitutionen selbst erkennen Reformbedarf. Im Rahmen der „Bretton Woods at 80“-Initiative werden Empfehlungen für eine grundsätzliche Neuausrichtung von Weltbank und IWF erkundet. Parallel dazu überarbeitet der IWF aktuell seine Schuldentragfähigkeitsanalyse für einkommensschwache Länder. Zwar erkennt eine jüngst veröffentlichte Analyse Fortschritte bei der Einbeziehung von Klimarisiken an, doch die Methodik bleibt insgesamt unzureichend, um die spezifischen Herausforderungen klimainduzierter Schuldenkrisen zu erfassen.

Auch regionale Perspektiven wie das African Expert Panel, ein Zusammenschluss afrikanischer Ökonom:innen, fordern entschlossene Schritte. In einer aktuellen Stellungnahme verweisen sie auf die besonders hohen Kapitalkosten für afrikanische Länder und betonen: Schulden sind nicht grundsätzlich problematisch. Entscheidend ist, dass sie langfristig tragfähig und produktiv sind.

Diese Vielfalt an Initiativen zeigt: Es gibt Bewegung, aber noch keinen gemeinsamen Kurs. Eine stärkere Abstimmung zwischen multilateralen Institutionen, unabhängigen Kommissionen und regionalen Perspektiven ist daher notwendig. Ein Schulterschluss der Expert:innen sollte den relevanten Regierungen einen klaren Aktionspfad vorgeben.

UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung: Deutschland muss mitgestalten

Die vierte UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (engl. Financing for Development, FfD4), die im Sommer 2025 in Sevilla stattfinden wird, bietet die Chance, diese Impulse zu bündeln. Sie hat das Ziel, eine strategische Neuausrichtung des globalen Finanzsystems im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens zu ermöglichen. 

In Sevilla werden unter anderem Vorschläge für mehr Schuldentransparenz, einen internationalen Dialogmechanismus zwischen Schuldnern und Gläubigern sowie neue Wege zur Umwandlung von Schulden in Klima- und Entwicklungsvorhaben verhandelt. Politischer Wille ist erforderlich, um diese Debatten in konkrete Verpflichtungen zu überführen. 

Deutschland hat als Gläubigerstaat entsprechenden Einfluss. Es sollte sich aktiv für eine wirksame Schuldenarchitektur einsetzen – nicht nur aus Solidarität, sondern auch aus eigenem Interesse. Denn wer heute Schuldenkrisen nicht bewältigt und zukünftige verhindert, wird morgen mit Instabilität, Fluchtursachen und geopolitischen Verwerfungen konfrontiert.

Jetzt ist die Zeit zum Handeln

2025 bietet ein einzigartiges politisches Fenster, um die internationale Schuldenarchitektur neu zu denken: das Laudato-si‘-Jubiläum diesen Samstag im Vatikan, die Jubilee-Kampagne, die Reform bei IWF und Weltbank sowie FfD4 diesen Sommer. Die Bundesregierung muss sich in diesen Prozessen als progressiver Akteur positionieren und ihre Verantwortung als wichtiger Gläubigerstaat und Mitgestalter der multilateralen Finanzarchitektur wahrnehmen. Denn eine Bewältigung der Schuldenkrise ist eine zutiefst christlich-sozial-demokratische Agenda. Sie bietet der neuen Regierung die Möglichkeit, auf internationalem Parkett den Partnern mit Schuldenlast zu zeigen, dass sich dieser Wertekompass in ihrem Regierungshandeln widerspiegelt. Nicht zuletzt hat die neue Bundesregierung für sich selbst erkannt, dass Investitionsspielräume notwendig sind, um die Vielzahl der Krisen unserer Zeit zu bewältigen. Sie sollte helfen, dass auch die Partner im Globalen Süden einen solchen Spielraum bekommen.

Ihre Stimme gegen die Schuldenkrise

Unter www.erlassjahr2025.de können Sie die Petition für eine faire und transparente internationale Schuldenordnung unterzeichnen. Jede Stimme zählt: für mehr globale Gerechtigkeit und für eine Finanzarchitektur, die Lösungen für die Klimakrise ermöglicht statt verhindert!

Daten zum Blogbeitrag

Veröffentlichung:
Autor:innen:
Christian Gröber
Permalink: https://www.germanwatch.org/de/node/93158