Germanwatch hat heute einen Bericht zum Einsatz von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland und Europa vorgestellt. Er zeigt im Vorfeld des World Health Summit auf, wie groß das Problem des übermäßigen Antibiotikaverbrauchs in der industriellen Tierhaltung noch immer ist und welche massiven Gefahren für Menschen von Antibiotikaresistenzen aus der Tierhaltung ausgehen. Der Bericht erläutert zudem konkret, wie der Einsatz von Antibiotika wirksam reduziert werden kann.
Tierhaltung
Seit einem Jahr ist die neue Tierarzneimittelverordnung der EU nun in Kraft. Doch im Widerspruch zum EU-Recht setzen noch immer 80 bis 85 Prozent der deutschen Hähnchenmästereien standardmäßig Antibiotika ein. Das ist ein großes Risiko, denn Resistenzen gegen Antibiotika sind schon heute laut Weltgesundheitsorganisation eine der größten Menschheitsbedrohungen. Germanwatch und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) haben einen Fünf-Hebel-Plan zur Antibiotikareduktion in der Tierhaltung vorgelegt.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Germanwatch kritisieren das aktuelle Tierarzneimittelgesetz und das vorliegende Papier für eine Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) 2030 als unzureichend und ungeeignet, um den missbräuchlich hohen Antibiotikaeinsatz in der industriellen Massentierhaltung zu reduzieren. Trotz zahlreicher Warnungen und Forderungen der Bundesärztekammer und von Verbraucher- und Umweltschutzverbänden, spielt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) die Rolle der industrialisierten Tierhaltung weiter systematisch herunter.
Mit Blick auf den absehbaren Antibiotikaeinsatz in einer geplanten Hähnchenmastanlage in Brome (Niedersachsen) sieht die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch einen Verstoß gegen die neue EU-Tierarzneimittel-Verordnung als unausweichlich an. Am kommenden Dienstag findet im nahe gelegenen Wittingen die öffentliche Erörterung von Einwendungen gegen den Bau der Anlage mit drei Ställen mit je 60.000 Tierplätzen statt. Germanwatch hat bereits im Mai eine entsprechende Einwendung beim zuständigen Landkreis eingereicht.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das nationale Tierarzneimittelgesetz (TAMG) an die EU-Verordnung (EU) 2019/6 anpassen soll. Zudem soll das vom BMEL veröffentlichte nationale Antibiotikaminimierungskonzept für die Tierhaltung im TAMG integriert werden.
Mehrere Organisationen aus den Bereichen des Umwelt- und Tierschutzes, darunter auch Germanwatch, sowie der Humanmedizin reichten heute eine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzesentwurf beim BMEL ein.
Die Bundesregierung tut bisher nicht genug, um die Bildung und Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in der industriellen Tierhaltung einzudämmen. Damit verletzt sie ihre im Grundgesetz verankerte Schutzpflicht gegenüber den Bürger:innen. Zu diesem Schluss kommt ein heute veröffentlichtes Rechtsgutachten der Anwaltskanzlei Günther (Hamburg) im Auftrag von Germanwatch. Zentrale Ergebnisse daraus sollten schon bei der „One-Health“-Minister:innen-Konferenz am Montag in Paris berücksichtigt werden, fordert die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation.
Vom 28. Februar bis zum 2. März richtet das Umweltprogramm der Vereinten Nationen die nächste Umweltversammlung aus. In einer gemeinsamen Erklärung fordern heute über 150 Organisationen aus allen Kontinenten, darunter auch Germanwatch, nachhaltige Ernährungssysteme zum Kernthema der Versammlung zu machen und dabei insbesondere auf die Tierhaltung einzugehen.