"Es gibt eine bessere Lösung"

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"Es gibt eine bessere Lösung"

Interview mit Dr. Dieter Langendorf, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker

 

Herr Langendorf, wie beurteilen Sie die Reformvorschläge der EU Kommission zur EU-Zuckermarktordnung?

Die Vorschläge sind sowohl aus Sicht der europäischen Zuckerwirtschaft als auch aus Sicht zahlreicher Entwicklungsländer unbefriedigend und verbesserungsbedürftig. Zuckerwirtschaft, Arbeitnehmer und Entwicklungsländer haben konstruktive Vorschläge vorgelegt, mit denen die Reform zu einem Erfolgsmodell im Nord- Süd-Dialog hätte werden können.

Wie wird sich die Reform in Europa, in Deutschland und speziell in Nordrhein- Westfalen auswirken?

Der europäische Zuckerrübenanbau wird voraussichtlich um etwa 40 % zurückgehen. In Deutschland wird dafür mehr Getreide angebaut werden. Zahlreiche Zuckerfabriken in Europa werden schließen, viele tausend Arbeitsplätze werden verloren gehen. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wird sich beschleunigen, auch in Nordrhein-Westfalen. Die EU wird sich mit dieser Reform von einem Selbstversorger und Nettoexporteur bei Zucker zu einem Nettoimporteur entwickeln.

Entwicklungsorganisationen wie Germanwatch fordern eine Senkung der Zuckererzeugung in der EU von derzeit 130% des Eigenbedarfs auf deutlich unter 90%. Was halten Sie davon?

Die Zuckerwirtschaft ist bereit, die europäische Zuckererzeugung in einem gewissen Umfang zu reduzieren, um Raum zu schaffen für Einfuhren aus den am wenigsten entwickelten Ländern. In Verbindung mit einer moderaten Preissenkung wäre dies ein Weg, der auch im Interesse der am wenigsten entwickelten Länder und der AKP-Staaten läge.

Welche Maßnahmen würden sowohl den Zuckerbauern in der EU als auch Kleinbauern in Entwicklungsländern nutzen?

Ganz klar: Eine Einbeziehung der Lieferungen der am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) in das Mengenmanagement der Zuckermarktordnung bis 2019, wie dies die Zuckerwirtschaft und die Regierungen dieser Länder fordern. Dadurch könnten die europäischen Zuckerpreise auf einem Niveau bleiben, das für Produzenten im Süden und in der EU kostendeckend ist. Die Zuckerwirtschaft in den am wenigsten entwickelten Ländern müsste sich gleichzeitig verpflichten, mit ihren Zuckerrohrpflanzern Lieferverträge zu Mindestpreisen abzuschließen. Außerdem müssten soziale und ökologische Standards beachtet werden. Das wäre mit Sicherheit die bessere Lösung.

Das Interview führten Kerstin Lanje und Ralf Willinger
 

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